Auf dem Areal Schönberg Ost in Bern soll in den kommenden Jahren ein Wohnquartier entstehen. Dabei wird tief in den Untergrund eingegriffen und alle archäologische Substanz wird zerstört. Um diese vorher zu dokumentieren und historische Erkenntnisse daraus zu gewinnen, führt der Archäologische Dienst Seit Mai 2009 Rettungsgrabungen durch.
Bei den Grabungen auf dem Areal stiess der Archäologische Dienst auf eine der drei mittelalterlichen Richtstätten der Stadt Bern, das sogenannte Hochgericht "untenaus". Daneben gab es auch noch das Hochgericht "obenaus" im Westen Berns, an der Gabelung der Freiburg- und der Murtenstrasse, wo sich heute die Inselkapelle erhebt, sowie ein drittes Hochgericht auf dem Schwellenmätteli an der Aare, wo Verbrennungen und Ertränkungen stattfanden. Die Hinrichtung war im Mittelalter ein öffentlicher Akt. Deswegen befanden sich die Richtstätten oft auf weithin sichtbaren Anhöhen, an denen viel begangene Landstrassen vorbeiführten. Die Gehängten liess man in der Regel hängen, bis sie in Einzelteilen herunterfielen, die Geräderten verfaulten auf den Rädern, die man auf lange Stangen aufgesteckt hatte. Die Köpfe der Enthaupteten wurden manchmal auf Pfähle genagelt und die Überreste von Gevierteilten stellte man an den Rechtsgrenzen der Stadt, den Burgerzielen zur Schau. Die damit verbundene Idee der Unehrenhaftigkeit über den Tod hinaus war Teil der Strafe und sollte jedem Vorbeigehenden auf drastische Art und Weise demonstrieren, dass in Bern Recht und Ordnung herrschten.
Der Galgen des Hochgerichts "untenaus" bestand aus einem gemauerten, im Grundriss dreieckigen Sockel. Auf den Mauerecken standen drei Steinpfeiler mit drei aufgelegten Balken. In einiger Entfernung gab es einen zweiten, im Grundriss rechteckigen Mauersockel, den "Rabenstein", dessen Plateau mit einer Steintreppe erreicht wurde. Dort wurden Enthauptungen vorgenommen. Vom Galgen fanden sich Spuren, die einen gemauerten Sockel von rund 6 x 6 Metern in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit gekappten Spitzen rekonstruieren lassen. Offenbar hat man den Galgen 1817 auf Abbruch verkauft. Der Käufer hat fast jeden Stein weggeführt, nicht ohne vorher sorgfältig den Mörtel abzuklopfen, wie die herumliegenden Mörtelreste beweisen. Der "Rabenstein" lag im Bereich des heutigen Bitziusschulhauses und ist beim Bau des Gebäudes verschwunden.
Unter und neben dem Galgen fand der Archäologische Dienst verschiedene Gruben mit menschlichen Überresten. Einerseits sind es einzelne Skelette von Gehängten, junge Männer, die mit gefesselten Händen achtlos in ihre Grabgruben geworfen wurden, der eine auf dem Rücken, ein anderer auf dem Bauch. Sie liegen nicht, wie es sich für christliche Bestattungen gehört, "geostet", also mit dem Kopf im Westen und Blick nach Osten, sondern - möglicherweise absichtlich - umgekehrt. Daneben sind Grabgruben nachgewiesen, in denen mehrere Tote lagen. Man hat sie dicht nebeneinander, in Bauch-, Rücken- oder Seitenlage in die Grube gepfercht. Auch unter ihnen finden sich junge, noch nicht erwachsene Menschen. Ein bisher einmaliger Befund stellt eine grosse Knochengrube dar, die die Gebeine von schätzungsweise 20 Menschen enthält. In der untersten Schicht liegen (mit Ausnahme der Schädel) mehr oder weniger vollständige Skelette, die noch im Verband sind. Später wurde die Grube mit vielen losen Knochen bis oben aufgefüllt.