Schneckenhügel bezeugen frühe Besiedlung des bolivianischen Amazonas

Zehntausend Jahre alte Siedlungsreste von Jägern und Sammlern in Waldinseln des Amazonas

Bisher unbekannte archäologische Fundstellen in Waldinseln belegen eine Präsenz von Menschen im westlichen Amazonas schon vor gut 10.000 Jahren, weitaus früher als bisher angenommen. Forscher der Universität Bern (Schweiz), Bonn (Deutschland), Pittsburgh (USA) und Wollongong (Australien) stellten ihre Forschungsergebisse am Mittwoch in der Open Access Zeitschrift PLOS ONE vor.

Nachrichten durchblättern
Fundmaterial aus den Untersuchungen der Siedlungshügel: A - Keramik, B - Knochenwerkzeuge, C - Schädelfragment, D - gebrannte Erde (Abb.: CC doi:10.1371/journal.pone.0072746.g005)
Fundmaterial aus den Untersuchungen der Siedlungshügel: A - Keramik, B - Knochenwerkzeuge, C - Schädelfragment, D - gebrannte Erde (Abb.: CC doi:10.1371/journal.pone.0072746.g005)

Die Studie beschäftigt sich mit einer Region im bolivianischen Amazonas, von der man bisher annahm, dass sie wegen ungünstiger Umweltbedingungen kaum von Jäger und Sammler-Gesellschaften besiedelt worden war. Hunderte von "Waldinseln" – kleine bewaldete Hügel aus Erdreich – sind in dieser Region zu finden. Ihre Entstehung wurde bisher Termiten, Schnecken fressenden Greifvögeln, Erosion oder früher menschlicher Aktivität zugeschrieben. In ihrer Studie berichten die Autoren nun, dass drei dieser Hügel vermutlich aus Abfallhaufen aus Schalen von Wasserschnecken bestehen, die Siedler im frühen Holozän vor ungefähr 10.400 Jahren zurückgelassen haben.

Bodenproben aus drei Hügeln bestanden hauptsächlich aus Schalenresten von Süßwasserschnecken, Tierknochen und Holzkohlen. Die Hügel scheinen in zwei Phasen gebildet worden zu sein: einer unteren Schicht, die überwiegend aus Schneckenschalen besteht, und einer darüber liegenden Schicht aus organischem Material mit Bruchstücken von Keramik, Knochenwerkzeugen und menschlichen Knochen. Beide Schichten waren durch eine dünne Lage aus gebranntem Ton und Erde getrennt. Radiokarbon-Datierungen von zwei Schneckenhügeln zeigen, dass Menschen diese Region bereits im frühen Holozän vor ca. 10.400 Jahren besiedelten, und dass die Hügel aus Schneckenhäusern und anderen Artefakten über einen Zeitraum von etwa 6.000 Jahren menschlicher Besiedlung gebildet wurden. Die Siedlungen wurden später vermutlich verlassen, nachdem das Klima sich geändert hatte.

Zwei Bonner Forschungseinrichtungen sind an der Studie beteiligt. Die Analyse der Knochen und Schneckenreste wurde von Rainer Hutterer vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig durchgeführt, und die chemischen Analysen der Bodenproben erfolgten am INRES-Bodenwissenschaften der Universität Bonn durch Eva Lehndorff und Wulf Amelung.

Publikation

Lombardo U, Szabo K, Capriles JM, May J-H, Amelung W, et al. (2013) Early and Middle Holocene Hunter-Gatherer Occupations in Western Amazonia: The Hidden Shell Middens. PLoS ONE 8(8): e72746.

doi:10.1371/journal.pone.0072746