Archäologielandschaft Wetterau
Wenn in der Wetterau gebaut wird, dann ist die Archäologie nicht weit. Von der frühen Steinzeit über die Römer bis zur Moderne zogen die fruchtbaren Böden im Osten Hessens Menschen vieler Epochen und Kulturen an. Deren Hinterlassenschaften präsentieren uns heute das Bild einer weitgehend durchgängig besiedelten und kulturell diversen Landschaft.
Vor allem die Epoche der jungsteinzeitlichen Rössener Kultur hat uns in den letzten Jahren in der Wetterau sehr beschäftigt und wir haben immer mehr an Erkenntnissen gewonnen.
Hardy Prison M.A. Bezirksarchäologe
Dies trifft auch auf das im Süden des Reichelsheimer Ortsteils Weckesheim gelegene Baugebiet »Am Heiligen Stein« zu, auf welchem in einem derzeit zweiten Bauabschnitt ein Gewerbegebiet erschlossen wird. Bereits im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer geophysikalischen Prospektion der Bereich der in insgesamt drei Bauabschnitten geplanten Süderweiterung des Ortsteils auf einer Fläche von 11,5 ha untersucht. In den Jahren 2016 und 2018 folgten erste archäologische Untersuchungen, welche bereits Anhaltspunkte für eine Besiedlung des Geländes während der mittleren Jungsteinzeit (rund 5000–4500 v. Chr.) aufgedeckten.
Das ist ein Prozess, der mittlerweile bei allen Kommunen eingespielt ist und wir wissen, dass immer viel lokale und regionale Geschichte zutage gefördert wird.
Jan Weckler Landrat des Wetteraukreises
Ein eindrucksvolles Langhaus
Die aktuellen Grabungen der Jahre 2021 sowie 2023/2024 bauten auf diesen Entdeckungen auf. In zwei Kampagnen unter Aufsicht des zuständigen Bezirksarchäologen Hardy Prison M.A. (hessenARCHÄOLOGIE, Landesamt für Denkmalpflege Hessen), sowie des Kreisarchäologen des Wetteraukreises Dr. Jörg Lindenthal wurden die notwendigen Dokumentationsarbeiten von der Fachfirma WiBA GmbH aus Marburg durchgeführt.
Unter der Leitung von Dr. Katharina Mohnike (2021), Dr. Thomas Birndorfer (2021), Johanna Trabert M.A. (2023/2024) und Dr. des. Erkan Kart (2023/2024) konzentrierten sich die Ausgrabungen vornehmlich auf den westlichen Teil des Bauabschnitts, wo eine hohe Befunddichte zu erwarten war. Auf einem Areal von ca. 1,47 ha konnte das Grabungsteam dabei über 1000 Befunde dokumentieren, die sich als Verfärbungen im Boden abzeichneten und ein eindrucksvolles Bild der jungsteinzeitlichen Nutzung des Geländes vermitteln.
Vor allem der ungefähr Ost-West ausgerichtete »schiffsförmige« Grundriss eines Langhauses hatte es dem Team angetan. Mit einer Länge von knapp 32 m und bis zu 8,70 m Breite zählt das Gebäude zu den größeren seiner Art. Im Süden schlossen sich zwei mutmaßliche, trapezförmige Nebengebäude von geringerer Dimension an. Im Norden folgten eine weitläufigen Zaunanlage sowie ein weiterer Hausgrundriss unbestimmter Länge. Aufgrund der charakteristischen Grundrissformen der Häuser lassen sich diese eindeutig der »Rössener Kultur« (ca. 4750–4600 v. Chr.) – benannt nach dem Fundort Rössen in Sachsen-Anhalt – zuweisen, wie Lindenthal vor Ort erklärte.