Auslöser für ihre Arbeit waren Entdeckerfreude und Technikbegeisterung, blickt Clara Eggers zurück. Bei der Firma "Angermeier Ingenieure" habe sie den tragbaren Laserscan-Roboter Navvis kennengelernt, der komplexe Gebäude quasi im Vorbeigehen scannt und an gewünschten Positionen Panoramen erstellt. "Da wollte ich einfach tiefer einsteigen und kam auf die Idee, selbst einen Panorama- Rundgang zu erstellen". Mit dem Museum für Franken auf der Würzburger Festung Marienberg hat der THWS-Dozent und Geovisualisierer Stefan Sauer rasch einen passenden Partner gefunden. In den ersten Gesprächen schwebte Museumsleiter Jörg Meißner und Kurator Benjamin Spies ein digitales Abbild des gesamten Museums vor. Das erwies sich jedoch rasch als zu umfangreich, außerdem habe man Bedenken gehabt, "dass Besucherinnen und Besucher dann nur noch auf die digitale Alternative zugreifen", so Benjamin Spies.
"Ein Museum lebt von seinen Besucherinnen und Besuchern und davon, dass dort Gegenstände mit besonderen Geschichten oder von einzigartiger Qualität im Original aus der Nähe betrachtet werden können", so der Archäologe. Bei der Beschäftigung mit Grundsatzfragen rund um digitale Lösungen sei rasch klar geworden, dass diese keine Bedrohung seien, sondern einen enormen Mehrwert bieten: "Neben der Dokumentation von Beständen und Sonderausstellungen wecken virtuelle Touren Neugier, ermöglichen ein interaktives Eintauchen in die Inhalte und bieten Raum zur Vorab-Information oder zur nachträglichen Vertiefung", so Spies.
Das Museum entschied sich daraufhin für die Familienausstellung "Zeitreise Mittelalter", die bis zum 1. Mai auf der Festung zu sehen war. Weil rasch die Kostenfrage auf dem Tisch lag, machte sich Clara Eggers auf die Suche nach einer erschwinglichen Lösung. Die Wahl fiel schließlich auf die ballförmige Kamera "Insta360 Pro2" und die Software "Pano2VR". Mit der Kamera lief Eggers die Ausstellung Meter für Meter im Zickzack-Muster ab und erstellte über siebzig statische 360-Grad-Fotos. Es folgten unzählige Stunden für Bildbearbeitung, Zusammenbau der Panoramen zu einem realistischen Raumeindruck und Einbinden der Materialien: Neben rund 35 Texttafeln und dreizehn Fotos von Exponaten sind auch ein Zeichentrickfilm, eine Audiodatei, ein Webbeitrag und ein Hörspiel enthalten.
Am meisten Spaß hatte die Studentin beim Experimentieren mit der Technik, der Anwendung von im Unterricht besprochener Software und dem direkten Kontakt mit dem Museum. Genau dieser Praxisbezug hat den Prüfern sehr gut gefallen. Clara Eggers habe bei der Entwicklung der hinsichtlich Raumeindruck und Infogehalt perfekt gelösten Anwendung "unter Realbedingungen gearbeitet und musste unterschiedliche Interessen im Blick behalten", befindet Stefan Sauer: "Am Ende hat sie ein präsentationsfähiges Werk abgeliefert", so der Dozent weiter.
Weil sie selbst immer wieder vor dem Kosten-Problem stand, hat Eggers in ihrer Arbeit verschiedene Lösungsansätze verglichen und Kosten-Nutzen-Aufstellungen erstellt. So will sie anderen Museen die Entwicklung digitaler Lösungen erleichtern. Ihre Empfehlung lautet am Ende klar: "Keine Rundumlösung buchen, sondern so viel wie möglich selbst machen". Das bedeute zwar mehr Aufwand, im Gegenzug behalte man die Kontrolle über Umsetzung, Daten und Kosten.
Mitte Mai übergibt Clara Eggers die Anwendung an das Museum für Franken und führt die Mitarbeitenden in die Handhabung ein. "Der Rundgang wird in Kürze auf der Website des Museums für Franken zu finden sein", verspricht Benjamin Spies. "So können Besucherinnen und Besucher die Sonderausstellung auch nach dem Abbau hautnah erleben."
Auf der Website des Museums wird die virtuelle Tour voraussichtlich ab Mitte Mai zu sehen sein. Schon jetzt kann der Rundgang unter Museum für Franken abgerufen werden.