Bewegt war die Geschichte des Hauses in der Heiersstraße 14 allemal. Der 1619 errichtete Bau wird aktuell renoviert und offenbarte im Zuge dieser Arbeiten seinen Vorgängerbau. Seit November 2011 haben die LWL-Archäologen jetzt die Gelegenheit, die mittelalterlichen Ursprünge des Grundstücks zu erforschen. »Inzwischen haben wir knapp 60 Prozent der Grundstücksfläche erforscht«, schildert Archäologe Dr. Sven Spiong. Die erste Aufsiedlung ist inzwischen dokumentiert: »Auf diesem Gelände zwischen dem Dorf Aspethera im Norden und dem Busdorfstift im Süden entstanden spätestens in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erste Gebäude«, rekonstruiert der Archäologe die Frühgeschichte des Grabungsareals.
Zwischen 1150 und 1180 legten die Stadtherren den nördlichen Hellwegstrang als gepflasterte Straße an (alter Steinweg, heute Heiersstraße). Auf beiden Seiten der Straße errichteten die Bürger damals langschmale Grundstücke - so auch die Fläche der heutigen Heiersstraße 14. Vom ersten Gebäude konnten die Ausgräber hier nun die Fundamente im Boden freilegen. Ebenso sind die Lehmfußböden, ein östlicher Anbau mit einem Plattenboden und ein Brunnen im Hinterhof erhalten. Das Haus war fünf Meter kürzer als der bis heute erhaltene Nachfolgebau. Außerdem war die Hausfassade knapp einen Meter von der Straße zurückversetzt. Die damals bedeutende Hauptstraße, der sorgfältig gepflasterte Hellweg, war demnach ursprünglich breiter.
Besonders viele interessante Informationen über das Leben der Bewohner verbargen sich in einer Latrine, die im Mittelalter und darüber hinaus auch gleichzeitig als Abfallgrube genutzt wurde. Darin wurden ausgediente Krüge aus dem Westerwald entsorgt. Defekte, bemalte Teller und Schüsseln aus Töpfereien an der Weser landeten ebenso in dem »stillen Örtchen« wie die Stangengläser für Bier oder importierte Glas-Kleinodien aus Venedig. Ein Glücksfall war die Entdeckung eines Kurkölner Schlüsselpfennigs des Kurfürsten Philipp von Daun-Oberstein (1508-1515). Außerdem lag in drei Metern Tiefe eine im Jahr 1622 geprägte Paderborner Kupfermünze. Zu den weiteren Funden zählen Messer und ein Fingerhut.
Die Latrine wurde schon für den Vorgängerbau errichtet. Ihre Lage direkt an der Straßenseite im Inneren des Hauses erleichterte ihre Nutzung für die Bewohner. Bei einem Feuer im Jahr 1616 brannte das Haus bis auf die Grundmauern nieder. Die Archäologen konnten Zeugnisse dieses Unglücks sichern: Rußspuren und ein roter, geziegelter Lehmboden geben einen Eindruck vom Ausmaß des Brandes. Als das Haus 1619 wieder aufgebaut wurde, bezogen die Bauherren die Latrine in den Neubau mit ein. Wie das mit Ausnahme der älteren Silbermünze einheitlich datierte Fundmaterial zeigt, nutzten die Bewohner die Latrine noch bis in die Jahrzehnte vor 1650. Allerdings: Sie leerten sie nicht mehr - zum Glück für die Archäologen.