"Als Sammlung bilden Münzen für uns ein wichtiges politisches Archiv, das exakt politische Herrschaftsgeschichte wiedergibt. Erst in den 1990ern erlebte die Islamische Numismatik ihre akademische Wiedergeburt", so der Hochschuldozent am Lehrstuhl für Semitische Philologie und Islamwissenschaft, der die wissenschaftlichen Arbeiten am Münzkabinett koordiniert.
Dort beschäftigt sich seit diesem Monat auch eine Promotionsstipendiatin aus Syrien mit der Rekonstruktion mittelalterlicher islamischer Geschichte. Als wesentliche Quelle nutzt Huda Subeh, beurlaubte Assistentin an der Universität Aleppo, den Jenaer Bestand orientalischer Münzen. Subeh wird an der Universität Jena zunächst ihren Master in Islamwissenschaften mit Schwerpunkt innerhalb der Islamischen Numismatik absolvieren. Anschließend will sie ihre Doktorarbeit einreichen: Eine Stadtgeschichte Antiochias im historischen Nordsyrien, heute Türkei, auf neuer unausgeschöpfter Quellengrundlage, den im politischen Prozess - anders als spätere Chroniken - entstandenen Münzen.
"Finanziert wird dieses vergleichsweise lange, auf vier bis sechs Jahre angelegte Programm mit einem Stipendium von Frau Subehs Heimatuniversität Aleppo", sagt Heidemann und erklärt: "In Syrien und auch in Ägypten hat man von Seiten der Wissenschaftspolitik die Bedeutung der deutschen Islamischen Numismatik für die jeweilige Landesgeschichte erkannt". So ist Huda Subeh bereits die zweite arabische Promotionstipendiatin im Jenaer Orientalischen Münzkabinett.
Mohammed Younis, Assistant Lecturer an der Universität Fayoum in Ägypten, beendet in diesen Tagen sein zweijähriges Forschungs- und Promotionsstipendium in Jena und wird seine Dissertation über Münzen des Iran im 13. und 14. Jahrhundert an seiner Heimatuniversität Kairo abschließen. "Es ist mir eine Ehre, der erste ägyptische Promovend der Islamischen Numismatik zu sein, der einen deutschen Betreuer hat", freut sich Younis. Das "Channel"-Programm des ägyptischen Bildungsministeriums ermöglicht es ägyptischen Studenten an ihrer Heimatuniversität abzuschließen, während sie beim deutschen Professor moderne Methoden und den internationalen wissenschaftlichen Diskurs lernen. "Herr Younis arbeitet über die politische Geschichte der mittelalterlichen Dynastie der Salghuriden der Provinz Persien/Iran einer kulturell und politischen Wegkreuzung von persischen, arabischen, türkischen, mongolischen und chinesischen Einflüssen", macht Heidemann deutlich. Younis` erfolgreiche Arbeiten unter Heidemanns Betreuung brachten ihm in den letzten Monaten bereits Vortragseinladungen nach Shiraz/Iran, Sydney und Glasgow ein. "Ein Erfolg des Channel-Programms" freut sich der Doktorvater.
In der islamischen Geschichte galt die Nennung von Namen auf Münzen als ein Herrschaftsdokument. So sind viele Münzen im politischen Prozess entstanden. Es war üblich, sämtliche Namen der Herrschaftshierarchie vom lokalen Gouverneur bis zum Kalifen oder Großkhan mit Titulatur sowie Ort und Datum der Prägung auf die Münzen zu setzen. In der politischen Aussage kommt der Text der Münzen denen der Freitagspredigten gleich. "Somit sind die Münzen für uns heute überaus wichtige religiös-politische Dokumente", erklärt Heidemann.
Er selbst folgt Ende des Monats einem Ruf auf eine Gastprofessur für Islamische materielle Kultur an das Bard Graduate Center in New York für das akademische Jahr 2009-10. Aber den Fortschritt der Arbeiten seiner Studenten wird er weiterhin betreuen, dank der heutigen technischen Möglichkeiten.