Der Wiener Archäologe Dr. Martin Seyer, seit 2007 Leiter der Grabungen in Limyra, spricht von einem der aufsehenerregendsten Funde der letzten Jahre in der Türkei. Diese Entdeckung ist in mehrerer Hinsicht bedeutend, da sie einen wesentlichen Baustein in der Erforschung jüdischen Lebens im antiken Kleinasien darstellt und demzufolge auch bereits das Interesse zahlreicher Fachkollegen aus dem In- und Ausland geweckt hat.
Die Entdeckung der Synagoge gelang Dr. Seyer und seinem Team bei der diesjährigen Grabungssaison. Bereits während der Freilegung des Gebäudes war aufgrund der kostbaren Ausstattung klar, dass es sich um kein alltägliches Bauwerk handeln kann. Die Forscher fanden während der Grabungsarbeiten zahlreiche Fragmente von Fensterglas und Wandverkleidung aus Marmor. Die Identifizierung als Synagoge gelang durch den Fund von zwei Reliefplatten mit Darstellungen von siebenarmigen Leuchtern (Menora) sowie die Freilegung eines Wasserbeckens in der nordöstlichen Ecke des Gebäudes, das als rituelles Tauchbad (Mikwa) erkannt wurde. Dieses Tauchbad, dem in jüdischen Gemeinden eine äußerst hohe Bedeutung zukommt, dient nicht der Körperpflege sondern vielmehr einer kultischen Reinigung.
Die Synagoge kann in das 6./7. Jh. n. Chr. datiert werden, doch legen mehrere Bauphasen nahe, dass das Gebäude des öfteren umgestaltet und dabei vergrößert wurde. Wie lange sie in Verwendung stand, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen; eine gewaltige Aschenschicht im Inneren des Baues deutet jedoch darauf hin, dass der Einsturz nach einem Brand erfolgte, der möglicherweise durch Kriegshandlungen oder ein Erdbeben verursacht war.
Es handelt sich um die insgesamt erst vierte Synagoge Kleinasiens aus antiker bzw. byzantinischer Zeit. Die Mikwa ist darüber hinaus das bislang einzige Beispiel in einem antiken jüdischen Heiligtum auf dem Gebiet der heutigen Türkei, was die Bedeutung der Entdeckung weiter unterstreicht. In diesem Jahr konnte erst ein kleiner Teil der Synagoge freigelegt werden, doch lässt sich bereits jetzt absehen, dass es sich um ein großes Gebäude handelte. Eine Fortsetzung der Grabungsarbeiten ist für das nächste Jahr geplant; bereits während Ausgrabung soll mit der Konservierung des Baues begonnen werden, um die Mauern und die teilweise kostbare Innenausstattung vor dem Verfall zu schützen.
Die unweit der touristischen Region um Antalya gelegene antike Stadt Limyra wird seit 1969 von Archäologen untersucht. Seit 1984 ist die Grabung eine österreichische Unternehmung und bildet heute neben Ephesos das zweite Grabungsunternehmen des ÖAI in der Türkei.