Apokalypsen zeichnen sich durch radikale Veränderungen der Lebensbedingungen aus, die als zwingend für fundamentale Reformen des Lebenswandels begriffen werden. "Vor dem Hintergrund weltweiter Herausforderungen wie der Corona-Pandemie oder dem Klimawandel haben apokalyptische Erwartungen derzeit Hochkonjunktur. Dabei ist die Prophezeiung vom Ende der Welt ein wiederkehrendes Phänomen, das sich in ganz unterschiedlichen Kulturen und Zeiten zeigt", so Prof. Folger. "Die Apokalypse ist aber nicht nur eine Denkfigur, sondern auch eine grundlegende Erfahrung der Menschheitsgeschichte. Als solche ist sie beobacht- und beschreibbar, während ihre kulturelle Formung kulturvergleichend und interpretierend erschlossen werden muss."
Im Zentrum des Käte Hamburger Kollegs an der Universität Heidelberg steht die Frage, wie sich Katastrophen und Endzeit-Szenarien auf Gesellschaften ebenso wie auf Individuen und ihre unmittelbare Umwelt auswirken. "Ziel ist es, vergangene und gegenwärtige Systemumbrüche oder Systemzusammenbrüche auf der Grundlage eines transdisziplinären Forschungsansatzes zu beschreiben und voneinander abzugrenzen", erläutert Prof. Meier. "Auch die Reaktionen auf apokalyptische Szenarien sowie Zukunftsentwürfe für die Zeit nach einer Katastrophe sollen vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen historischen und kulturellen Rahmenbedingungen analysiert und hinterfragt werden."
Mit Mitteln des BMBF wurden von 2008 an zehn Käte Hamburger Kollegs als Teil der Initiative "Freiraum für die Geisteswissenschaften" an Universitäten eingerichtet. In einer neuen, im Jahr 2019 bekannt gegebenen Förderrunde werden nun auch transdisziplinäre Forschungsvorhaben finanziert, die eine international vergleichende geisteswissenschaftliche Fragestellung in Zusammenarbeit mit den Lebens-, den Natur-, den Technik- oder den Ingenieurwissenschaften verfolgen. CAPAS und ein weiteres Kolleg in Aachen sind die ersten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Käte Hamburger Kollegs mit einer solchen Ausrichtung. Nach einer vierjährigen Förderung kann das Kolleg in zwei weiteren Förderrunden nach jeweils erfolgreicher Evaluation um jeweils vier Jahre verlängert werden.
Das Centre for Apocalyptic and Post-Apocalytic Studies lädt international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – sogenannte Fellows – an die Universität Heidelberg ein, die hier für eine Zeitdauer von bis zu einem Jahr zum Thema des Kollegs forschen. An der Ruperto Carola sind im Sommersemester 2021 vier Fellows zu Gast, vom Wintersemester 2021/2022 an kommen sechs weitere hinzu. Aus aktuellem Anlass untersucht die erste Fellow-Klasse apokalyptische Szenarien, die sich im Kontext der COVID-19-Pandemie in Asien, Europa und Lateinamerika entwickelt haben. Darüber hinaus analysieren die Fellows die jeweiligen Visionen der Postapokalypse.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden in den kommenden Wochen gemeinsam mit dem Team des CAPAS den Kollegbetrieb in wöchentlichen Arbeitstreffen, Diskussionskreisen und Vorträgen aufnehmen. Darüber hinaus sind Veranstaltungen mit deutschen und internationalen Kooperationspartnern sowie anderen disziplinenübergreifenden Zentren der Universität wie dem Heidelberg Center for the Environment und dem Heidelberg Centre for Transcultural Studies oder dem Marsilius-Kolleg als Brücke zwischen den Wissenschaftskulturen geplant.