Eine Frage ist zum Beispiel, in welchem gesellschaftlichen Rahmen Steinbeile hergestellt wurden. Gab es zentrale Werkstätten oder produzierte jeder Haushalt sein Werkzeug selbst? Hier kann der Vergleich von simulierten zu archäologisch beobachteten Verteilungen von Bearbeitungsabfall und Endprodukten Aufschluss geben.
Die Simulationen laufen zeitlich vorwärts, aber auch rückwärts ab. "Reverse engineering" ist ein Verfahren, das in der Softwareentwicklung, aber auch in den Naturwissenschaften zum Einsatz kommt. Hierbei wird versucht, aus einem vorgegebenen Endzustand (archäologischer Befund heute) sowohl die Prozesse zu seinem Entstehen als auch den Ausgangspunkt der Entwicklung (neolithische Wirklichkeit) zu bestimmen. Soziale und naturräumliche Gegebenheiten kommen als begrenzende Faktoren in Frage.
Kulturelle Gesichtspunkte, die das Verständnis von Landschaft und damit ihre mentale Ordnung stark bestimmen, sind archäologisch kaum zu beobachten. Daher ist es nötig, neben den archäologischen Daten auch Umweltbedingungen in Kombination mit sozialen und kulturellen Faktoren heranzuziehen, deren Wirken man bei heutigen "primitiven" Ackerbauern und Viehzüchtern beobachten kann. "Diese vielfältigen Verknüpfungen verschiedener Faktoren sind mit den gängigen Verfahren nicht zu bewerkstelligen", erklärt Hinz. "Erst die moderne Computertechnik ermöglicht eine solche komplexe Analyse."
Gegenstand von Hinz' Untersuchungen sind archäologische Daten aus ganz Mittel- und Nordeuropa. Die Testregion für Schleswig-Holstein ist das mittlere Travetal, speziell die Siedlung Wolkenwehe bei Bad Oldesloe. Hier fanden die Kieler Wissenschaftler bei Grabungen Spuren aus der jüngeren Steinzeit (ca. 4100 bis 2000 vor Christus), die ihnen Einblicke in die Besiedelung der Region geben. Jetzt werden die Grabungsergebnisse mit Hilfe der modernen Software ausgewertet.