Der Archäologische Grenzkomplex Haithabu und Danewerk
Die Stätte ist ein einzigartiges Zeugnis der Wikingerzeit und ihrer kulturellen Traditionen, begründet das Komitee seine Entscheidung. Haithabu und das Danewerk waren bereits 2015 gemeinsam mit Stätten der Wikingerzeit aus Island, Dänemark, Lettland und Norwegen für das Welterbe nominiert. Das Komitee empfahl damals eine Überarbeitung. Der Archäologische Grenzkomplex ist nun die 43. UNESCO-Welterbestätte in Deutschland.
"Ich freue mich sehr, dass das Welterbekomitee mit seinem heutigen Beschluss den Weltrang von Haithabu und dem Danewerk anerkannt hat. 14 Jahre Arbeit an dieser herausragenden Nominierung sind damit erfolgreich zu Ende gegangen. Jetzt gilt es, Haithabu und das Danewerk als Erbe der Menschheit zu erhalten und Menschen auf der ganzen Welt die Geschichte dieses herausragenden Ortes zu erzählen", erklärte Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission.
"Das Befestigungssystem Danewerk und der Handelsplatz Haithabu gehören zu den bedeutendsten archäologischen Zeugnissen Nordeuropas. Aufgrund seiner Lage zwischen dem fränkischen Reich und dem dänischen Königreich war Haithabu ein herausragender Knotenpunkt in der Wikingerzeit. Hier kreuzten sich die wichtigsten Handelswege und führten Menschen und Waren aus aller Welt zusammen. Noch heute finden Archäologen rund um diesen Ort der Weltgeschichte Zeugnisse der damaligen Zeit wie Schmuck oder Werkzeuge. Die Stätte macht deutlich, dass unsere Geschichte seit jeher vom Handel und Austausch über nationalstaatliche Grenzen hinweg geprägt ist", so Böhmer weiter.
In der Wikingerzeit vom 9. bis 11. Jahrhundert war die frühmittelalterliche Stadt Haithabu einer der bedeutendsten Seehandelsplätze und eine der ersten Städte Nordeuropas. Zum Schutz der Stadt wurde ein befestigter Halbkreiswall errichtet. An diesen schließt im Westen das Verteidigungssystem des Danewerks an. Es sicherte die Südgrenze des damaligen dänischen Reichs. Die Wälle sperrten den Zugang nach Jütland über den "Heerweg" und kontrollierten die Handelsroute zwischen Nord- und Ostsee über Haithabu. Fast dreihundert Jahre lang war Haithabu der zentrale Warenumschlag-Platz zwischen Nord- und Ostsee. Mit dem Ende der Wikingerzeit gingen seine Funktionen an das am Nordufer der Schlei gelegene Schleswig über.
Seit dem 19. Jahrhundert haben Archäologen in dem Areal der einstigen Hafensiedlung und in den Gräberfeldern bedeutende Funde zu Tage gefördert, die von der einstigen Blüte dieses Siedlungsplatzes zeugen. Die Stätte ist wegen ihrer reichen und gut erhaltenen archäologischen Funde von wesentlicher Bedeutung für die Erforschung der wirtschaftlichen, sozialen und historischen Entwicklungen im Europa zu Zeiten der Wikinger.
Der Naumburger Dom
Nach Nominierungen des Doms mit seiner Kulturlandschaft in den Jahren 2015 und 2017 hat das neu zugeschnittene Nominierungsdossier in diesem Jahr zum Erfolg geführt. Der Naumburger Dom zählt zu den bedeutendsten Kathedralbauten des Hochmittelalters. Das Welterbekomitee würdigte mit seiner Entscheidung die künstlerischen Qualitäten des Doms, die Einblick in Kunst, Architektur und Technologie seiner Zeit geben. Der Naumburger Dom ist damit die 44. UNESCO-Welterbestätte in Deutschland.
"Es ist gelungen! Ich freue mich sehr, dass das Welterbekomitee den außergewöhnlichen Wert des Naumburger Doms bestätigt hat. Die heutige Einschreibung in die Welterbeliste unterstreicht, dass der Naumburger Dom ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft ist. Er steht in einer Reihe mit den Kathedralen von Amiens in Frankreich, Modena in Italien und Burgos in Spanien. Aus großer Überzeugung habe ich für die Anerkennung des Naumburger Doms geworben. Ich danke allen, die sich über viele Jahre mit hoher Expertise und unermüdlichem Engagement für die Bewerbung eingesetzt haben. Der heutige Beschluss des Welterbekomitees zeigt: Die Anstrengungen haben sich gelohnt!" erklärte Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission.
"Mit dem Kreuzgang, der Doppelstruktur, dem Domgarten und den umliegenden Kuriengebäuden ist der Naumburger Dom ein herausragendes Architekturensemble der Spätromanik und Frühgotik. Weltbekannt ist er für die Arbeiten des sogenannten Naumburger Meisters, der die beeindruckenden Stifterfiguren des Westchores, darunter Uta von Naumburg, und den Westlettner mit den Passionsreliefs schuf", so Böhmer weiter.
Der Naumburger Dom wurde in der Zeit zwischen 1213 und etwa 1250 errichtet. Die spätromanisch-frühgotische Architektur der Kathedrale ist bis heute weitgehend unverändert geblieben. Der Innenraum des Doms wird durch zwei Lettner gegliedert. Die beiden Lettner, die im Osten und im Westen das Langhaus begrenzen, bilden hohe Trennwände zwischen dem für die feiernde Gemeinde bestimmten mittleren Teil des Doms und den beiden Chören, die einst der Geistlichkeit vorbehalten waren. Der westliche Chor mit dem Westlettner stellt in seiner Verbindung von Architektur, Plastik und Glasmalerei ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft dar. Aus den Werken im Naumburger Dom ragen die zwölf überlebensgroßen Stifterfiguren des "Naumburger Meisters" heraus, vor allem die Figur der Uta von Naumburg.
Weitere archäologische Welterbe-Stätten
Aasivissuit - Nipisat. Jagdgründe der Inuit zwischen Eis und Meer, Dänemark
Die nördlich des Polarkreises gelegene Stätte in Westgrönland beheimatet Relikte von 4.200 Jahren menschlicher Geschichte. Ihre Einwohner haben eine an ihre Lebensart angepasste Kulturlandschaft geschaffen. Die Jagd von Meeres- und Landtieren, saisonale Migrationsmuster und ein reiches immaterielles Kulturerbe prägen die Kulturlandschaft. Zu den Charakteristika der Stätte zählen große Winterresidenzen, Spuren der Karibu-Jagd sowie archäologische Fundorte der Paleo-Inuit- und Inuit-Kulturen. Die Kulturlandschaft umfasst sieben Orte, von Nipisat im Westen bis hin zu Aasivissuit im Osten, nahe der Eiskappe. Die Stätte belegt die Beharrlichkeit menschlicher Kulturen in dieser unwirtlichen Region und ihre Traditionen der saisonalen Migration.
Archäologische Landschaft der Sassaniden in der Region Fars, Iran
Die Welterbestätte umfasst archäologische Stätten in Firuzabad, Bischapur und Sarvestan in der südiranischen Provinz Fars. Die Befestigungsanlagen, Paläste, Felsenreliefs und Stadtpläne stammen aus der Zeit des Sassanidenreiches vom 3. bis 7. Jahrhundert n. Chr. Unter den Bauten der Welterbestätte sind etwa die erste Hauptstadt und gleichzeitig das militärische Hauptquartier des Gründers der Dynastie, Ardaschir I. sowie eine Stadt und architektonische Überreste aus der Zeit seines Nachfolgers, Schapur I. Auch ein Monument, das von dem Übergang zwischen der sassanidischen und der islamischen Epoche zwischen dem 7. und 8. Jahrhundert zeugt, gehört zur Stätte.
Sansa, buddhistische Bergklöster in Korea, Südkorea
Sansa sind in den südlichen Provinzen der koreanischen Halbinsel gelegene buddhistische Bergklöster. Die aufgenommene Welterbestätte besteht aus sieben Tempeln, die zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert gegründet wurden und deren räumliche Ausgestaltung für Korea spezifische Gemeinsamkeiten aufweist - den offenen Hof "Madang", der von der Halle des Buddhas, dem Pavillon, sowie dem Lese- und dem Schlafsaal umgeben ist. In den Tempeln finden sich zahlreichende herausragende Bauten, Objekte, Dokumente und Schreine. Die Bergklöster sind heilige Orte und noch heute lebendige religiöse Zentren, in denen täglich der Glaube praktiziert wird.
Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā, Spanien
Die archäologische Stätte der Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā umfasst eine Mitte des 10. Jahrhunderts durch die Umayyaden-Dynastie als Sitz des Kalifats von Cordoba errichtete Stadt in Spanien. Nach einigen Jahren des Wohlstands wurde die Stadt während des Bürgerkrieges geplündert, der 1009/10 zum Ende des Kalifats führte. Ihre Überreste gerieten für fast 1.000 Jahre in Vergessenheit, bis sie im frühen 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurden. Das komplett erhaltene städtische Ensemble umfasst Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Brücken oder Hydrauliksysteme, Gebäude, dekorative Elemente und Alltagsgegenstände. Die Stätte vermittelt umfangreiches Wissen über die heute verschwundene westliche islamische Zivilisation von Al-Andalus auf dem Höhepunkt ihrer Pracht.
Göbekli Tepe, Türkei
Die in der Bergkette von Germuş im Südosten Anatoliens gelegene Stätte Göbekli Tepe weist monumentale rechteckige und kreisförmige Megalithstrukturen auf, welche zwischen 9.600 und 8.200 v. Chr. durch Jäger und Sammler der vorkeramischen Jungsteinzeit errichtet wurden. Die Monumente wurden vermutlich bei Ritualen, wahrscheinlich Bestattungsriten, verwendet. In die charakteristischen T-förmigen Säulen gehauene Abbildungen wilder Tiere erlauben Einblicke in die Weltanschauung und den Glauben der Menschen, die vor etwa 11.500 Jahren in Obermesopotamien lebten. Göbekli Tepe ist eines der ersten Beispiele monumentaler Architektur in der Menschheitsgeschichte.
Archäologische Stätte Thimlich Ohinga, Kenia
Thimlich Ohinga ist ein Komplex aus Trockenstein im Nordosten der Stadt Migori im Gebiet des Viktoriasees in Kenia. Schätzungen zufolge wurde er im 15. Jahrhundert n. Chr. erbaut. Der Ohinga diente nach heutiger Kenntnis dem Schutz der Bevölkerung und des Viehbestands. Gleichzeitig war er ein kleines wirtschaftliches, religiöses und soziales Zentrum. Thimlich Ohinga ist der größte und am besten erhaltene traditionelle Steinkomplex. Es handelt sich um ein herausragendes Beispiel der Tradition des großflächigen Trockensteinbaus der ersten pastoralen Gesellschaften am Viktoriasee vom 16. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Antike Stadt Qalhat, Oman
Die Antike Stadt Qalhat liegt an der Ostküste Omans und war einst ein bedeutendes Handelszentrum. Die Welterbestätte umfasst die von Innen- und Außenmauern begrenzte antike Stadt sowie Begräbnisstätten – so genannte Nekropolen – außerhalb der Mauern. Qalhat war vom 11. bis zum 15. Jahrhundert n. Chr. ein wichtiger Hafen von Arabien, der sich unter der Herrschaft des Sultans von Hormus entwickelte. Heute bietet die Stätte einzigartige archäologische Zeugnisse des Handels zwischen der Ostküste von Arabien, Ostafrika und Indien bis hin zu China und Südostasien.
Oase Al-Ahsa, Saudi-Arabien
Die Oase Al-Ahsa liegt im östlichen Teil der arabischen Halbinsel. Sie besteht aus Gartenanlagen, einem komplexen Bewässerungssystem, städtischen Strukturen, historischen Bauwerken und archäologischen Stätten. Sie ist Ausdruck der Entwicklung einer jahrhundertealten Tradition und zeugt von der Besiedlung in der Golfregion seit der Jungsteinzeit. Die Stätte besteht aus zwölf Teilgebieten. Sie ist die größte Oase der Welt mit mehr als 2,5 Millionen Palmen. Die Kulturlandschaft der Oase Al-Ahsa veranschaulicht die Entwicklungsphasen einer Oase und die Wechselwirkung von Natur und Kulturerbe.