Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Stuttgart haben mit Unterstützung eines internationalen Teams von Studenten aus Paris, Dijon, Bukarest, Tübingen, Bamberg und Kiel seit Juli 2009 die archäologischen Ausgrabungen auf der Heuneburg fortgesetzt. Spektakuläre Entdeckungen der letzten Jahre haben den frühkeltischen Fürstensitz ins Zentrum des Interesses der Forscher gerückt. Auch bei der diesjährigen Grabung haben die Archäologen einen außergewöhnlichen Fund gemacht, der am 25.9.2009 an Ort und Stelle der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Privatdozent Dr. Dirk L. Krauße und Dr. Florian Westphal vom Landesamt für Denkmalpflege präsentierten die neuen Funde und erläuterten ihre Bedeutung für die Erforschung der keltischen Geschichte und Kultur.
Im Vorfeld der diesjährigen Grabungen wurde das Burgplateau mit modernen geophysikalischen Messmethoden vermessen. Deutliche Anomalien in den Messdaten ließen spannende Befunde erwarten. Die anschließende Ausgrabung auf einer lediglich 5 x 5m großen Fläche lieferte unerwartete Einblicke in das Siedlungsgeschehen auf der Heuneburg. Nur etwa einen halben Meter unter der Humusschicht konnte ein spektakulärer Befund eines Hauses aus dem 6. Jh. v. Chr. freigelegt werden. Die Wände des Gebäudes bestanden aus einem Rutengeflecht, das mit Wandlehm verputzt war. Bei einem großen Brandereignis ist das gesamte Gebäude abgebrannt, wobei der Lehmverputz der Wände durch die starke Hitze stark verziegelt wurde und dadurch hervorragend erhalten blieb. Die Wände fielen in den Innenbereich des Gebäudes und bilden so eine massive Schicht, unter der wahrscheinlich der Innenraum und der Fußboden erhalten sind.
Die Hoffnung der Archäologen ist nun, unter dem verziegelten Wandverputz Reste einer einstigen Bemalung zu finden. Besonders Reste von Verzierungen oder Wandmalereien wären eine Sensation. Daher wird ein kleiner Bereich des Befundes nicht weiter gegraben und soll stattdessen nach Abschluss der übrigen Arbeiten im Block geborgen werden, damit eine Freilegung unter Laborbedingungen mit Einsatz modernster Technik - wie z.B. Computertomographie - in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Denkmalpflege in Esslingen erfolgen kann.
Die Arbeiten an diesem außergewöhnlichen Befund werden Mitte Oktober eingestellt und sollen im nächsten Sommer fortgesetzt werden. Es ist zu erwarten, dass die Hausstrukturen Teil eines größeren Gebäudes sind, wie die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion vermuten lassen.
Die Heuneburg an der oberen Donau gehört zu den bedeutendsten archäologischen Fundstätten Mitteleuropas und kann als älteste frühstädtische Siedlung im gesamten Raum nördlich der Alpen gelten. Großflächige Ausgrabungen auf dem Burgberg fanden zwischen 1950 und 1976 statt, die Vorburg und die Außensiedlung wurden in den letzten zehn Jahren intensiv im Rahmen von Forschungsgrabungen untersucht. Die Ausgrabungsbefunde lassen keinen Zweifel daran, dass sich hier zwischen ca. 620 und 480 v. Chr. eines der bedeutendsten Siedlungs-, Wirtschafts- und Machtzentren der älteren Eisenzeit, ein so genannter frühkeltischer Fürstensitz, befand, der weit reichende Beziehungen bis nach Etrurien und zu den griechischen Kolonien unterhielt. Heute gilt die Heuneburg als einer der Entstehungsorte der keltischen Kunst und Kultur.