Der Bagger ist bereits angerollt und hat den letzten Schneefällen des Winters getrotzt. Die Grabungsmannschaft ebnet jetzt mit Schaufeln zusätzlich den Weg, um der Umwehrung des einstigen Römerlagers in Haltern archäologische Geheimnisse zu entlocken. Mit rotbraunen Pfosten ist das Westtor markiert. Es war einer von vier Zugängen zum Hauptlager, das bis zu 5000 Legionären Schutz bot - auf rund 18 Hektar Fläche. Bis es im Gefolge des Varus in der berühmten Schlacht im Teutoburger Wald untergehen sollte. Wie die zwei Lagergräben und die rund drei Meter breite Holz-Erde-Mauer genau aussahen, aus welchem Material sie aufgebaut waren und wie sie in ihrer Gesamtkonstruktion ausgesehen haben könnten: Darüber soll die aktuelle Grabung, die südlich des Westtores beginnt, weitere Erkenntnisse beitragen.
"Auf der Lagerinnenseite werden wir sicherlich wieder Abfallgruben, Latrinen und Zisternen finden, in denen die römischen Soldaten zerbrochene Gegenstände und sonstigen Abfall entsorgt haben", schildert Grabungsleiterin Bettina Tremmel. Ehrenamtliche Helfer, Asylbewerber, Praktikanten und Fachstudenten aus verschiedenen Bundesländern von den verschiedensten Universitäten unterstützen das LWL-Grabungsteam im Laufe der mehr als zwei Monate dauernden Untersuchungen.
Auf die Grabungsarbeit können auch an der Archäologie interessierte Passanten und Besucher des Museums einen Blick werfen. Nach Abschluss der Baggerarbeiten wird der Grabungszaun so umgestellt, dass ihnen aus sicherer Entfernung ein Einblick in das Geschehen möglich wird. Darüber hinaus bietet das LWL-Römermuseum Führungen an, die Schulklassen wie Erwachsenengruppen Einblicke in archäologische Arbeitsweisen vermitteln. In einem eigens eingerichteten denkmalpädagogischen Bereich werden die Ausgrabungen auch für Laien nachvollziehbar.
Bereits im vergangenen Herbst haben die LWL-Archäologen die Umwehrung des Halterner Hauptlagers untersucht. Damals forschten die Fachleute nördlich des Westtores. Nach einer Grabungspause im Juni ist eine weitere Ausgrabungskampagne im Sommer vorgesehen. Bei den Ausgrabungen handelt es sich um wichtige und aufwändige Vorarbeiten für den geplanten "Römerpark Aliso - archäologische Baustelle". Der soll nicht nur das Westtor mit angrenzender Umwehrung als wissenschaftlich fundierte Rekonstruktion wieder auferstehen lassen. Auch andere Lagerbauten werden nachgebaut, so dass die Besucher mit eigenen Augen sehen und erfahren können, wie die Soldaten vor mehr als 2000 Jahren im Lager lebten.