Neue Erkenntnisse zur Sakrallandschaft zwischen den Ringheiligtümern Pömmelte und Schönebeck
Die schnurkeramischen Befunde wurden bereits bei den Ausgrabungen von 2005 bis 2008 sowie im Jahr 2019 entdeckt. Von dem fast quadratischen Geviert mit ungefähr 14 Metern Seitenlänge ist ein Graben mit zwei Einlässen – die in etwa zur Winter- und Sommersonnwende orientiert sind – erhalten. Es lag vor dem östlichen Eingang des Ringheiligtums Pömmelte. Dessen glockenbecherzeitliche Erbauer (um ungefähr 2.350 vor Christus) haben diese ältere Struktur wohl oberirdisch noch erkannt und deshalb nicht überbaut.
Die diesjährige Ausgrabung an der benachbarten Schönebecker Anlage deckte nun eine vergleichbare, etwas kleinere Grabenstruktur (mit ungefähr 11 Metern Seitenlänge) auf – deren wahrscheinliche Datierung in die Schnurkeramische Kultur im Fokus der verbleibenden zwei Grabungswochen steht.
Bereits zuvor war der Standort der Schönebecker Anlage durch die Schönfelder Kultur als Siedlungsplatz genutzt worden. Die Ausgrabungen 2011 erbrachten im direkten Umfeld der Anlage einige typische Hausgrundrisse, die nun um einen weiteren ergänzt werden. Gleichzeitig lässt sich mit den neuesten Grabungen über mehrere mittel- bis spätbronzezeitliche Grabhügel (ungefähr 1.500 bis 750 vor Christus) und ein ausgedehntes eisenzeitliches Urnengräberfeld (ungefähr 750 bis 450 vor Christus) die kontinuierliche Nutzung des Areals bis in die Jahrhunderte vor der Zeitenwende nachvollziehen.
Neben den beschriebenen Sakral- und Grabbauten erbrachten die Ausgrabungen in Pömmelte vor allem wesentliche neue Erkenntnisse zur mehrphasigen Siedlung, die sich südlich des Ringheiligtums erstreckte. Insgesamt sind nun 67 sichere Hausgrundrisse dokumentiert, deren Mehrzahl (58 Stück) der älteren frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur (ungefähr 2.300 bis 1.900 vor Christus) zuzurechnen ist. Neu sind zwei Grundrisse, die ihrer Form nach in die Schönfelder Kultur datieren und damit älter als die sechs Glockenbecher-Gebäude sind, die wiederum in die Zeit der Errichtung des Ringheiligtums fallen. Damit wurde auch diese Talsandinsel – parallel zum Umfeld der Schönebecker Anlage – bereits am Beginn des 3. Jahrtausends vor Christus als Siedlungs- und Bestattungsplatz genutzt.
Kulturstaatssekretär Dr. Gunnar Schellenberger zeigte sich bei seinem Besuch der Ausgrabungen erfreut über die neuen Erkenntnisse: »Die beiden Ringheiligtümer von Pömmelte und Schönebeck sind weiterhin für wissenschaftliche Überraschungen gut. Das bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass es der richtige Weg ist, die Ringheiligtümer touristisch zu erschließen.«
Das Umfeld des Ringheiligtums Pömmelte wird seit 2018 intensiv archäologisch erforscht, ermöglicht durch die großzügige Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie des Landes Sachsen-Anhalt und unterstützt durch die langjährigen Kooperationspartner Salzlandkreis und Kloster Bergesche Stiftung. Zudem wurden in diesem Sommer über drei Monate die ersten Flächen im Anschluss an die Schönebecker Anlage in Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unter studentischer Beteiligung untersucht. Bedingt durch die Coronaviruspandemie konnten Studierende der Universität Southampton im Rahmen der gemeinsamen Forschungskooperation zu Stonehenge und Pömmelte unter der Leitung von Prof. Dr. Joshua Pollard leider nicht an den Ausgrabungen teilnehmen.
Die Ausgrabungsflächen im Areal nördlich und östlich der Schönebecker Anlage umfassen 2.700 Quadratmeter und wurden von Juli bis September im Rahmen einer Lehrgrabung zur Ausbildung der halleschen Studierenden untersucht. Insgesamt rund 470 Befunde wurden dokumentiert, darunter zwei bronzezeitliche Grabhügel mit Nachbestattungen und über 80 Urnenbestattungen, die im Block geborgen wurden und derzeit im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt unter Laborbedingungen freigelegt werden.
Die diesjährigen Ausgrabungen am Ringheiligtum Pömmelte haben im April begonnen. Bis jetzt sind knapp 3.000 Befunde erfasst, die sich über zweieinhalb Jahrtausende erstrecken (von der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends vor Christus bis zur Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus). Insgesamt wird bis zum Ende der diesjährigen Kampagne eine Fläche von über 26.000 Quadratmetern untersucht sein. Ob dann auch im Süden und Westen das Ende der Aunjetitzer Großsiedlung erreicht sein wird, bleibt abzuwarten.