Geophysik zeigt eine 13 Hektar große Siedlungsstruktur
Die neu entdeckte Siedlung liegt nahe der modernen Ortschaft Jarkovac in der Provinz Vojvodina. Mit Hilfe geophysikalischer Methoden konnte das Team im März dieses Jahres ihre Ausdehnung komplett erfassen. Sie bedeckt eine Fläche von elf bis 13 Hektar und ist von vier bis sechs Gräben umgeben.
»Eine Siedlung dieser Größe ist aufsehenerregend. Die geophysikalischen Daten geben uns zudem klare Vorstellungen von der Struktur des Platzes vor 7000 Jahren«, sagt ROOTS-Doktorand und Co-Teamleiter Fynn Wilkes.
Parallel zu den geophysikalischen Untersuchungen suchte das deutsch-serbische Forschungsteam auch die Oberflächen der Umgebung systematisch nach Fundstücken ab. Dieses Oberflächenmaterial deutet daraufhin, dass es sich bei der Siedlung um einen Wohnplatz der Vinča-Kultur handelt, die in die Zeit zwischen 5400 und 4400 vor unserer Zeitrechnung datiert wird.
Es zeigen sich jedoch auch starke Einflüsse der regionalen Banat-Kultur. »Auch das ist bemerkenswert, da bisher nur wenige Siedlungen mit Material der Banat-Kultur aus dem heutigen Serbien bekannt sind«, erklärt Fynn Wilkes.
Untersuchung von Kreisgrabenanlagen in Ungarn
Während derselben zweiwöchigen Forschungskampagne untersuchte das Team des Exzellenzclusters außerdem in Ungarn zusammen mit Partnern vom Janus Pannonius Museum in Pécs mehrere spät-jungsteinzeitliche Kreisgrabenanlagen. Diese sogenannten Rondelle werden der Lengyel-Kultur (5000/4900-4500/4400 v. u. Z.) zugeordnet. Auch dabei nutzten die Forschenden sowohl geophysikalische Technologien als auch systematische Begehungen der Umgebung.
Dank der Kombination beider Methoden konnten die Forschenden die Epochen, welche an den einzelnen Fundorten vertreten sind, deutlicher als bisher differenzieren. »So konnten wir einige der bereits bekannten Fundorte in Ungarn neu bewerten. Vormals als spätneolithische Kreisgrabenanlage angesprochene Fundorte erwiesen sich beispielsweise als wesentlich jüngere Strukturen«, erläutert Co-Teamleiterin Kata Furholt vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der CAU.
Neue Erkenntnisse zur Verteilung von Wohlstand und Wissen in der Jungsteinzeit
Zu den Highlights der kurzen, aber intensiven Feldarbeiten zählte in Ungarn die Neubewertung einer bislang in die späte Jungsteinzeit datierten Siedlung, die sehr wahrscheinlich der spätkupferzeitlichen und frühbronzezeitlichen Vučedol-Kultur (3.000/2.900 - 2.500/2.400 v. u. Z.) zuzuordnen ist, sowie die vollständige Dokumentation einer spätneolithischen Kreisgrabenanlage in der Gemeinde Vokány.
»Südosteuropa ist zur Beantwortung der Frage, wie sich Wissen und Technologien in frühen Epochen der Menschheitsgeschichte verbreitet haben und wie das mit sozialen Ungleichheiten zusammenhing, eine sehr wichtige Region. Dort traten neue Technologien und Kenntnisse wie die Metallverarbeitung erstmals in Europa auf. Mit den jetzt neu entdeckten und neu eingeordneten Fundplätzen sammeln wir wichtige Daten für eines besseren Verständnis von sozialer Ungleichheit und Wissenstransfer«, fasst Professor Martin Furholt zusammen.
Die Ergebnisse fließen unter anderem in das interdisziplinäre Projekt »Inequality of Wealth and Knowledge« (Ungleichheit von Wohlstand und Wissen) des Exzellenzclusters ROOTS ein, das sich mit diesen Fragen beschäftigt. Die Auswertung dauert an.