Der Grabungsschnitt ergab Besiedlungsspuren 200 m südwestlich der bisher angenommen Besiedlungsgrenze. Die Grabung fand unter Leitung der britischen Egypt Exploration Society (EES) statt und wurde von der Fritz Thyssen Stiftung, dem Center for International Cooperation der Freien Universität sowie dem Exzellenzcluster Topoi der Freien Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin gefördert.
Die Wissenschaftler um Joanne Rowland, darunter auch Dr. Geoffrey Tassie und Sebastian Falk, wollen nun herausfinden, ob die ersten Menschen, die in diesem Gebiet bereits vor dem Neolithikum als Jäger und Sammler lebten, auch noch präsent waren, als sich die ersten Gruppen dort dauerhaft niederließen. Zudem untersuchen sie die Gründe für die Sesshaftwerdung und ob veränderte Umweltbedingungen dazu beitrugen. Durch Analysen im nächsten Sommer soll zudem näher bestimmt werden, ob der neu entdeckte Bereich von Anfang an Teil des Siedlungsgebiets war oder ob die Bewohner des Merimde Beni Salama erst später dorthin auswichen.
Dafür arbeiten die Archäologen eng mit Naturwissenschaftlern zusammen: "Der Einsatz von naturwissenschaftlichen Methoden unter Berücksichtigung des Archivmaterials ermöglicht uns neue Perspektiven auf die Entwicklung des Neolithikums in Ägypten", sagt Joanne Rowland.
Ziel des Forschungsprojektes "Das Nil-Delta im Neolithikum" ist es, die geographischen Bedingungen und Umweltfaktoren bei der Rekonstruktion der Besiedlungsgeschichte des Ortes stärker einzubeziehen. Dafür betrachten die Wissenschaftler nicht nur die neolithische Merimde-Kultur (5.300 bis 4.000 v. Chr.), sondern auch die Zeit bis 9.000 v. Chr. (Epipaläolithikum), also jene Zeit, in der ein Übergang von den Jägern und Sammlern zu sesshaften Bauern stattfand.
Die neolithische Siedlung Merimde Beni Salama liegt 45 Kilometer nordwestlich von Kairo und wurde 1928 von dem deutschen Archäologen Hermann Junker entdeckt. Die Grabung im Sommer 2014 wurde möglich, weil eine Gas-Pipeline durch die Region gelegt wurde.