Nachweis von Y. pestis in frühmittelalterlichen Gräbern

In einer aktuellen Studie gelang es einem Forscherteam aus München, Mainz und Arizona erstmals zweifelsfrei Pest-DNA aus Skeletten des 6. Jahrhunderts zu isolieren und zu typisieren. Damit ist der Beweis erbracht, dass an der sogenannten Justinianischen Pest ebenfalls der Pesterreger Yersinia pestis beteiligt war.

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Untersuchte Skelette aus dem Gräberfeld Aschheim-Bajuwarenring (Foto: H.P. Volpert, BLfD)
Untersuchte Skelette aus dem Gräberfeld Aschheim-Bajuwarenring. In dem abgebildeten Grab sind die Überreste von zwei Frauen (die sich an den Händen halten) und eines Kindes gemeinsam bestattet worden. Bei einer der Frauen (grün gekennzeichnet) konnte der Pesterreger nachgewiesen werden. (Foto: H.P. Volpert, BLfD)

Schon im 6. Jahrhundert, also Jahrhunderte vor dem bekannten Schwarzen Tod des 14. Jahrhunderts, waren tausende von Menschen in Europa einer verheerenden Krankheit, der sogenannten Justinianischen Pest, zum Opfer gefallen. In historischen Quellen wird von einer Seuche gesprochen, deren Beschreibung zu dem Verdacht führte, es hätte sich auch damals schon um eine erste Pandemie der Beulenpest gehandelt. In den letzen Jahrzehnten kamen jedoch Zweifel auf, ob es sich bei der historischen Krankheit tatsächlich um die Pest gehandelt hat. Zuletzt hatten jedoch auch schon Tübinger Forscher durch einen Vergleich mittelalterlicher und moderner Pesterreger vermutet, dass es sich um die Beulenpest handeln könnte.

Das Wissenschaftler-Team der jetzt vorgestellten Studie konnte diese Frage nun endgültig klären: Sie konnten anhand von DNA-Untersuchungen beweisen, dass bei der Justinianischen Pest das Pest-Bakterium Yersinia pestis, tatsächlich beteiligt war. Dies geht aus den Ergebnissen hervor, die das Team letzte Woche im Wissenschaftsjournal PLOS Pathogens veröffentlicht hat. Den Naturwissenschaftlern gelang der unumstößliche Nachweis der Pest-DNA an menschlichen Überresten des 6. Jahrhunderts in zwei verschiedenen Laboren.

Das Team hat DNA-Reste aus den Zähnen von Skeletten untersucht, die bei einer Ausgrabung des frühmittelalterlichen Gräberfeldes Aschheim-Bajuwarenring (Landkreis München) in den Jahren 1997 und 1998 gehoben worden waren. Dank günstiger Bedingungen blieb über etwa 1400 Jahre die Erbinformation des Pestbakteriums in ihnen erhalten. "Allerdings wurde die DNA des Erregers nur in kleinsten Mengen und in Bruchstücken in den Knochen und Zähnen konserviert", sagt Dr. Michaela Harbeck. Sie ist Konservatorin an der Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie München (SAPM) und eine der Autorinnen der Studie. Zusammen mit der Doktorandin Lisa Seifert hat sie in einer Kooperation mit Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität, des Mikrobiologischen Instituts der Bundeswehr (IMB), der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und des Zentrums für Mikrobielle Genetik und Genomik in Arizona zusammengearbeitet.

"Wir haben zunächst einen Genabschnitt untersucht, der nur in Yersinia pestis vorkommt", erklärt Dr. Holger Scholz vom IMB. Bei einem Erfolg analysierten die Forscher in weiteren DNA-Abschnitten sogenannte Einzel-Nukleotid-Polymorphismen (SNP). "SNPs sind einzelne Basen, in denen sich der Pesterreger von anderen Pathogenen unterscheidet", fügt seine Kollegin Dr. Julia Riehm hinzu. Damit war es nun erstmals möglich die Position des Erregers der Justinianischen Pest im Stammbaum von Yersinia pestis zu bestimmen und gleichzeitig eine Herkunft dieses historischen Bakteriums aus Asien wahrscheinlich zu machen. Schlussendlich ist der genetische Nachweis der Pest im frühmittelalterlichen Bayern bisher auch der einzige Hinweis, dass die damals dort lebenden Menschen unter dieser Seuche litten – Hinweise in historischen Quellen der entsprechenden Zeit fehlen für diese Region.

Publikation

Harbeck M, Seifert L, Hänsch S, Wagner DM, Birdsell D, et al. (2013) Yersinia pestis DNA from Skeletal Remains from the 6th Century AD Reveals Insights into Justinianic Plague. PLoS Pathog 9(5): e1003349. doi:10.1371/journal.ppat.1003349