Nachhaltige Austernernte in der Steinzeit

Austern spielen eine entscheidende Rolle im marinen Ökosystem, da sie Wasser filtern, Lebensräume schaffen und den Nährstoffkreislauf unterstützen. Heute gelten sie in vielen Teilen der Welt als gefährdet. Eine neue interdisziplinäre Studie des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) und der University of York zeigt, dass prähistorische Gemeinschaften in Südskandinavien über drei Jahrtausende hinweg die nachhaltige Ernte der europäischen Auster praktizierten. Die Forschungsergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse für den Schutz sowie die Wiederherstellung moderner Austernbestände.

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Austernschalen
Austernschalen. Foto: Ben Stern / Unsplash

Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Niklas Hausmann vom LEIZA und Dr. Harry Robson von der University of York analysierte 2.107 Schalen von europäischen Austern aus 19 archäologischen Fundstätten der dänischen Küste. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Austernbestände trotz wachsender Bevölkerung in der Mittel- und Jungsteinzeit nicht überbeansprucht wurden. Die prähistorischen Gemeinschaften in Südskandinavien praktizierten nachhaltige Erntemethoden, die langfristige ökologische Stabilität ermöglichten.

Der umfangreiche Datensatz bietet einen umfassenden Überblick über die europäischen Austernpopulationen zwischen 5660 und 2600 v. Chr. "Anhand der untersuchten Austernschalen können wir Wachstumsraten und Altersstrukturen der Austernpopulationen detailliert nachvollziehen", erklärt Dr. Niklas Hausmann, Gruppenleiter der Emmy-Noether-Forschungsgruppe SEAFRONT am LEIZA und Mitautor der Studie. "Während Austern im Mesolithikum tendenziell älter und größer waren, sehen wir im Neolithikum eher kleinere und jüngere Exemplare. Trotz intensiverer Nutzung kam es jedoch nie zum Zusammenbruch der Austernriffe, was zeigt, dass diese Gemeinschaften ihre Ressourcen nachhaltig verwalteten."

Die Untersuchung differenziert zwischen den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten und Umweltveränderungen auf die Austernpopulationen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass beide Faktoren entscheidend waren. "Unsere Forschung zeigt, dass Umweltfaktoren zwar wichtig sind, aber nicht die einzige Ursache für Veränderungen in den Austernpopulationen waren", erläutert Mit-Autor Dr. Harry K. Robson von der Universität York. "Das von Menschen gesteuerte Ressourcenmanagement spielte eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des ökonomischen und ökologischen Gleichgewichts, das die langfristige Nachhaltigkeit sicherte. Anhand der von uns gesammelten Daten konnten wir untersuchen, wie Umweltveränderungen und menschliches Handeln zusammengewirkt haben, um das Leben im Meer zu gestalten".

Die Kombination archäologischer und ökologischer Daten aus der Steinzeit ermöglicht ein umfassendes Verständnis der historischen marinen Ökosysteme. "Diese interdisziplinäre Herangehensweise ist entscheidend, um moderne ökologische Herausforderungen zu bewältigen", betont Dr. Hausmann.

Die Erkenntnisse der Studie sind nicht nur von archäologischem Interesse, sondern bieten wertvolle Leitlinien für den modernen Naturschutz. Angesichts des globalen Rückgangs der Austernpopulationen liefert die Erforschung prähistorischer Erntemethoden wichtige Impulse für heutige Schutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen. "Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass langfristige ökologische Widerstandsfähigkeit durch achtsames Ressourcenmanagement erreicht werden kann", so Hausmann abschließend.

Publikation

Harry K. Robson, Niklas Hausmann et al.

The effects of Mid-Holocene foragers on the European oyster in Denmark

PNAS. 28.10.2024
DOI: 10.1073/pnas.2410335121