Die Mongolei besitzt einen außergewöhnlichen Reichtum an archäologischen Stätten. Von monumentalen Bestattungen bis zu buddhistischen Tempeln, von rätselhaften "Hirschstein"-Denkmälern bis zu Dschingis Khans legendärer Hauptstadt Karakorum inmitten der offenen Steppe, gibt es eine erstaunliche Vielfalt an archäologischen Stätten. Sie verteilen sich auf alle 21 Provinzen oder Aimags des Landes, eine Fläche von mehr als 1,5 Millionen Quadratkilometern, und zeugen von Tausenden von Jahren menschlicher Geschichte und Kultur. Durch die Vielfalt der Landschaften, in denen sie zu finden sind, von den bewaldeten Flusstälern des Altai-Gebirges bis zu den trockenen Sanddünen der Gobi, spiegeln sie zugleich den Einfallsreichtum, die Entschlossenheit und die Anpassungsfähigkeit unserer Spezies wider.
Doch die Archäologie befindet sich in einem Wettlauf mit der Zeit. Die archäologischen Stätten verschwinden mit zunehmender Geschwindigkeit. Viele von ihnen könnten zerstört sein, bevor die moderne Wissenschaft eine Chance hatte, ihre Existenz zu erkennen. Steigende Temperaturen legen archäologische Stätten frei, die Tausende von Jahren im Permafrostboden konserviert waren, was potentiell zur Zerstörung dieser Stätten führt. Auch die Ausweitung des Tagebaus, die immer intensivere Weidetierhaltung oder die Bewässerung durch die Landwirtschaft legen viele archäologische Stätten frei, besonders in Flusstälern. Im offenen Grasland und in den trockenen Wüsten, wo Khigirsuurs - kunstvolle Steingräber - die Landschaft prägen, haben die Plünderungen in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Besonders dramatisch sind sie in der nördlichen Taiga, wo bislang erst wenig archäologische Forschung betrieben wurde und deshalb vieles nicht dokumentiert werden konnte. Die Artefakte aus den Plünderungen speisen einen internationalen Schwarzmarkt, der Völker ihres kulturellen Erbes beraubt.
In den nächsten fünf Jahren wird MAPSS Tausende von archäologischen Stätten erfassen und begutachten, um eine breit angelegte Open-Access-Datenbank des kulturellen Erbes der Mongolei in mongolischer, englischer und russischer Sprache zu erstellen. Mit Hilfe von Fernerkundungsmethoden, einschließlich Satellitenbildern, wird das Team Stätten lokalisieren und ihre Größe, ihr Alter und den Grad ihrer Gefährdung durch Plünderung und andere Bedrohungen erfassen. Das Team wird Archivdaten aus verschiedenen Quellen zusammenführen, unter anderem aus Museumsarchiven und Karten. Die Daten der Fundorte werden ausgewertet und digitalisiert und an bestimmten Stellen durch Vor-Ort-Untersuchungen überprüft.
Das öffentlich zugängliche Archiv von MAPSS wird alle durch das Projekt generierten Forschungsdaten enthalten, einschließlich der Vermessungsdaten, Bilder, Pläne, 3D-Modelle, Datenbankeinträge und Webseiten. Wenn sie Plünderungen oder andere Beschädigungen der Stätten begünstigen könnten, werden Standortdaten nicht veröffentlicht. Der Kulturminister der Mongolei, Dr. Chuluun Sampidondov, begrüßt das Projekt und wünscht ihm viel Erfolg.
Professor Nicole Boivin, leitende Wissenschaftlerin des Projekts und Direktorin der Abteilung für Archäologie freut sich sehr auf die Arbeit an MAPSS: "Unsere Abteilung hat seit Langem enge Partnerschaften mit mongolischen Archäologen und Archäologinnen. Ich bin begeistert, dass wir jetzt die Möglichkeit bekommen, diese wichtigen Verbindungen durch dieses großartige Projekt auszubauen, und ich bin der Arcadia-Stiftung für ihre außerordentliche Großzügigkeit sehr dankbar. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der mongolischen Regierung und mongolischen Institutionen zum langfristigen Nutzen des außergewöhnlichen Erbes des Landes."
Archäologischer Koordinator von MAPSS ist Dr. Jamransjav Bayarsaikhan, einer der führenden mongolischen Wissenschaftler, der für die Dauer des Projekts am MPI für Menschheitsgeschichte tätig sein wird. Er sagt: "Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen in der Mongolei und auf der ganzen Welt an diesem Projekt zu arbeiten. Das archäologische Erbe der Mongolei hat uns so viel über die menschliche Geschichte zu erzählen. Es zu bewahren und zukünftigen Generationen zugänglich zu machen, ist eine wichtige Aufgabe.“
Professor Michael Petraglia, der über jahrzehntelange Erfahrung in der Koordination von Satellitenbildern und Archäologieprojekten in Trockengebieten verfügt, und der Archäobotaniker Dr. Robert Spengler, Spezialist für die Region, sind weitere MPI-Wissenschaftler, die an der Leitung des Projekts beteiligt sind.
Arcadia ist eine gemeinnützige Stiftung von Lisbet Rausing und Peter Baldwin. Sie unterstützt gemeinnützige Organisationen und wissenschaftliche Einrichtungen, die das kulturelle Erbe und die Umwelt bewahren und Open-Access fördern. Alle Fördermittel sind an die Bedingung geknüpft, dass die gewonnenen Materialien frei online zugänglich gemacht werden. Seit 2002 hat Arcadia mehr als 770 Millionen Dollar an Projekte in aller Welt vergeben.