Mittelalterliches Kirchenrecht unter der digitalen Lupe

Es galt als das kirchliche Rechtsbuch par excellence im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert und wirkte als wichtigste Sammlung dieser Zeit bis weit in die Neuzeit hinein: das sogenannte Decretum Burchardi. In einem Forschungsvorhaben zweier Historiker und einer Historikerin, das für 18 Jahre gefördert wird, soll es nun ediert, kommentiert und kontextualisiert werden.

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Decretum Burchardi
Ein das Kirchenrecht prägendes Dokument, das Decretum Burchardi, soll neu erschlossen werden. Montage: A. Brunn; Bildquelle: gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France und Hebi B./Pixabay

Im Zentrum der Forschung steht das Dekret Bischof Burchards von Worms, der von 1000 bis 1025 das Amt innehatte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Ingrid Baumgärtner (Universität Kassel), Prof. Dr. Klaus Herbers (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und Prof. Dr. Ludger Körntgen (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) sollen drei wesentliche Forschungsziele erreicht werden: erstens, das Werk soll aus mehreren Perspektiven analysiert werden; zweitens wird die Veröffentlichung einer kritischen Edition online und in Print angestrebt; drittens soll eine international ausgerichtete, digitale Arbeitsplattform zur Texterschließung und Analyse der Wirkungsgeschichte aufgebaut werden. Das Forschungsvorhaben wurde nun in das Akademieprogramm der Union der deutschen Akademien aufgenommen und wird mit rund 6 Millionen Euro, verteilt über eine Laufzeit von 18 Jahren, gefördert. »Durch die Förderung wird der starke Einfluss des Dekrets anerkannt und gezeigt, wie wichtig eine grundlegende Analyse ist. Darüber freuen wir uns sehr«, sagt Baumgärtner.

Bis ins 20 Jahrhundert prägte kirchliches Recht die Entwicklung in West- und Mitteleuropa und trug auch wesentlich zur Bildung gemeinsamer europäischer Rechtsgrundlagen bei. Das Decretum Buchardi ist ein besonders wichtiges Dokument. Es war bereits im 11. und 12. Jahrhundert weithin bekannt – nicht nur unter Gelehrten des Kirchenrechts. Im geplanten Forschungsprojekt sollen nun seine Wirkungsspuren im europäischen Raum erschlossen werden, vor allem in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien. Durch diese wirkungsgeschichtliche Ausrichtung ist das Vorhaben methodisch innovativ, aber auch durch seine digitale Komponente: So soll die geplante Arbeitsplattform in Zukunft auch Materialien wie Handschriften, Kataloge und Quelleneditionen in open access zur Verfügung stellen und den wissenschaftlichen Austausch auf internationaler Ebene bereichern.