Bereits Ende vergangenen Jahres staunten die Archäologen über die gute Erhaltung von Bauhölzern im feuchten Untergrund. So konnten sie ganze Bebauungsstrukturen der Grundstücke aus dem 14. und 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Nun gelang den Ausgräbern die Freilegung einer vollständigen Hauswand aus dem 13. und 14. Jahrhundert.
"Für Westfalen ist die gute Erhaltung einer kompletten Hauswand aus dieser frühen Zeit im archäologischen Befund einmalig.", erklärt Grabungsleiter Dr. Ulrich Holtfester. Bis zu vier Meter lange Birkenstämme bilden zusammen mit geflochtenen Weidenruten die mittelalterliche Wand. "Diese Hauswand ist entweder an Ort und Stelle umgestürzt oder sie wurde dort von einem planmäßig abgebauten Haus deponiert, um den matschigen Untergrund begehbar zu halten", so Holtfester weiter.
Die Hauswand wird teilweise von einem Dielenfußboden sowie der Hausschwelle eines dazugehörigen Fachwerkhauses aus dem 14. Jahrhundert überdeckt. Daraus schließen die Archäologen auf den Zeitraum, in dem das Gebiet planmäßig bebaut wurde. Offenbar erforderte dies wegen des instabilen Untergrundes einigen Aufwand. Andere Spuren belegen, dass noch im 17. Jahrhundert über 100 senkrechte Pfähle in den Boden eingelassen werden mussten, um stabile Fundamente für den Bau barocker Steingebäude zu schaffen.
Am Rand der mittelalterlichen Hauswand zeigen sich Spuren von noch älteren Matten aus Weidenruten. Dieser Befund setzt sich teilweise in mehreren Lagen beinahe über die gesamte Grabungsfläche fort. "Das zeigt, mit welchem enormen Aufwand das Gelände damals begehbar gemacht wurde", so Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen. "Um der Frage nach dem Warum auf den Grund zu gehen, möchten wir herausfinden, wer ab wann diese mühevollen Erschließungsarbeiten gemacht hat."
Erste Hinweise bieten Funde aus bis zu drei Metern Tiefe: Zwischen den ältesten Lagen aus Weidenrutenmatten bargen die Archäologinnen zwei Rittersporen aus dem 11. Jahrhundert. Somit liegt es für die Experten nahe, dass die Edelherren des westlich gelegenen Adelshofes, dort, wo heute die Marienkirche steht, mit diesen Maßnahmen in Verbindung zu bringen sind. Die Ausgrabungen am Rande der Mindener Altstadt werden noch einige Wochen dauern. Mit der Arbeit im Gelände ist die archäologische Spurensuche aber noch nicht beendet. Im Anschluss müssen die Funde gereinigt, Holzproben datiert und alle Ergebnisse ausgewertet werden.