Mit Pomp und Gefolge - die Bestattung eines Granden aus dem Thüringer Königreich
Die Ausgrabungen im Bereich der Neubautrasse begannen im Mai 2013. Seither wurden zahlreiche herausragende Funde gemacht und Befunde aus verschiedenen Epochen dokumentiert. Ein besonderes Highlight ist die Entdeckung einer Grabkammer aus der Zeit des Thüringer Königreiches (5./6. Jh. n. Chr.) bei Boilstädt, Stadt Gotha. In einer 2x3 m großen und 2 m tiefen Kammer wurde ein Mann mit seinen Waffen und Ausrüstungsgegenständen beigesetzt. Das Grab ist im Gegensatz zu früheren Funden nicht beraubt. Der Mann war mit Sicherheit ein Krieger und so aufwendig bestattet, dass man eine enge Verbindung zum Königshaus annehmen muss. Seine Lieblingstiere waren gleich nordöstlich der Grabkammer bestattet worden: sein Pferde und ein stattlicher Hund.
Die Funde sind durch Wassereinfluss konserviert, so dass die Archäologen und Naturwissenschaftler des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) mit einer guten Erhaltung von Textilien, Leder und pflanzlichen Resten rechnen. Bereits jetzt sind die Lage des Toten, seine eisernen Waffen (Ango, Lanze, Schild) und ein Knochenkamm zu erkennen. Geophysikalische Messungen lassen weitere (Edel-)metallfunde erwarten. Die Einmaligkeit des Befundes erfordert eine Bergung im Block, der dann mit allen heute zur Verfügung stehenden Mitteln im TLDA weiter untersucht werden kann.
Rund um das Kammergrab befindet sich ein Reihengräberfeld der Thüringer aus dem 6.-8. Jh.n.Chr. Die Gräber enthalten Trachtbestandteile wie Gürtel und sehr persönliche Gegenstände wie Toilettengerät, Spinnwirtel und Messer. Zur Beisetzung wurden die Grabgruben mit Holzkonstruktionen ausgebaut und wahrscheinlich auch Brettersärge verwendet. Neben besonderen Grabbeigaben weist vor allem der Grabbau auf die soziale Stellung und gesellschaftliche Wertschätzung der Toten hin.
Entdeckt wurden außerdem jungsteinzeitliche Gräber des 3. Jahrtausends v.Chr., frühbronzezeitliche (18. Jh.v.Chr.) und eisenzeitliche (7./6. Jh.v.Chr.) Siedlungsreste sowie eine ausgedehnte Dorfstelle der späten Kaiser- und Völkerwanderungszeit aus dem 4.-6. Jh.n.Chr. Auch einen Grabhügel aus der Bronzezeit konnten die Archäologen lokalisieren. Eine Kiste aus Steinen (darunter viele Bruchstücke von Reibmühlen) lag im Zentrum und barg eine Körperbestattung. Am Rande des Hügels fanden sich vier weitere Körpergräber. Die Toten trugen Bronzeschmuck, der eine Datierung an das Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. gestattet. Die Landwirtschaft hatte den Grabhügel und das Reihengräberfeld völlig eingeebnet.