Restaurator*innen und Denkmalpfleger*innen haben in ihrem Alltag immer wieder mit Organismen zu tun, die Kulturgütern Schaden zufügen: Schimmelpilze, die Materialien abbauen und Risse verursachen, Algen, die Biofilme bilden oder Käfer und Motten, die sich über altes Holz und Textilien hermachen. Doch Biozide sind oft lange aktiv, verbleiben am Material und in der Umwelt und richten dort langwierige Schäden an. PAL dagegen haben das Potenzial, Organismen ohne schädliche Umwelteinflüsse abzutöten. Doch wie sie auf unterschiedliche kulturgutrelevante biogene Schädlinge wirken und wie Restaurator*innen sie einsetzen könnten, ist bislang noch unerforscht. »Es ist nachgewiesen, dass PAL auf Mikroorganismen wirkt. Doch wie sie Algen, Schimmelpilze und Schadinsekten auf empfindlichen Materialien reduzieren, darüber gibt es noch keine Erkenntnisse«, erklärt Roksana Jachim, Restauratorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt PEaK. Erste Versuche, zum Beispiel an Mottenlarven und Algen, hätten aber vielversprechende Ergebnisse geliefert.
Diese und weitere erste Ergebnisse stellten die Wissenschaftler*innen nun bei einem Kick-Off-Event vor. Ziel des Projektes PEaK, das durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wird, ist die Entwicklung einer umweltfreundlichen, aber effektiven Alternative zu herkömmlichen toxischen Bioziden im Einsatz an sensiblen historischen Materialien. Damit ist es das einzige Projekt, das PAL im Zusammenhang mit verschiedenen Kontaminationen an Kulturgütern erforscht. Außerdem interessiert die Forschenden, wie PAL mit Alt-Bioziden reagieren, die noch an Kulturgütern haften.
PAL entstehen, indem Flüssigkeiten mit Plasma in Kontakt gebracht werden. Plasma gilt als vierter Aggregatzustand der Materie neben fest, flüssig und gasförmig. Fügt man einem Gas Energie hinzu, entsteht Plasma. Kommt Plasma mit einer Flüssigkeit in Berührung, verändert diese ihre chemische Zusammensetzung. Reaktive Spezies wie zum Beispiel Ozon oder Peroxide entstehen. Dadurch wirkt die Flüssigkeit für eine bestimmte Zeit beispielsweise keimabtötend. Dabei sind PAL nicht nur effektiv, sondern können von Restaurator*innen auch ohne aufwendige Schutzmaßnahmen genutzt werden und sind nicht persistent. Stattdessen verlieren sie ihre Wirkung und haben somit keinen langfristigen Einfluss auf die Umwelt.
In Kooperation mit namhaften Partnern wie dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD), der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen (LWL-DLBW), dem Kunstreferat der Ev. Landeskirche Hannover und der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) diskutierten die Teilnehmenden des Kick-Offs Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen zur Dekontamination von Kulturgut. »PAL zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Bekämpfung von mikrobiellen Schadorganismen, ohne die negativen Langzeiteffekte chemischer Biozide,« so Prof. Dr. Wolfgang Viöl, einer der führenden Projektleiter. Dabei ist der von Viöl aufgebaute Forschungsschwerpunkt für Laser- und Plasmatechnologie der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit prädestiniert, um diverse PAL spezifisch einzustellen und Wechselwirkungen mit sensiblen Materialien zu erarbeiten.
Bis Juli 2026 wird das HAWK-Forschungsteam der Fakultäten Ingenieurwissenschaften und Gesundheit, Bauen und Erhalten und Ressourcenmanagement eine breite Datengrundlage erarbeiten und zusammen mit Denkmalpfleger*innen und Restaurator*innen ein Diskussionspapier für den Einsatz der PAL-Technologie an Kulturgut entwickeln. »Der Schutz des Kulturguts sowie die Erhaltung seiner Authentizität stehen dabei im Vordergrund« erklärt Dr. Kirsti Krügener, angestellte Wissenschaftlerin und Restauratorin im Projekt.
Neben der Untersuchung der Effizienz von PAL in Wechselwirkungen mit Kontaminationen und sensiblen Materialien liegt der Fokus auch auf der praktischen Anwendbarkeit. »Eines der Projektziele ist, zusammen mit der DBD Plasma GmbH eine benutzerfreundliche, vor Ort nutzbare Anlage zu entwickeln, damit sich aufwändige Objekttransporte erübrigen« so Marcus Harms und Jannik Schulz, im Projekt angestellte Ingenieure und wissenschaftliche Mitarbeiter.
Das Projekt PEaK setzt somit auf interdisziplinäre Zusammenarbeit in und außerhalb der HAWK und verfolgt das Ziel, mit der innovativen Kombination aus Forschung und Praxis einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Konservierung von Kulturgütern zu leisten.