Seit 2006 werden unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Henning und finanziert durch die Goethe-Universität Frankfurt am Main archäologische Forschungen bei Hohenwarthe, Landkreis Jerichower Land durchgeführt. Sie werden vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt unterstützt.
Die Reste des ungewöhnlichen Befestigungswerkes sind zunächst bei geophysikalischen Untersuchungen des Frankfurter Forscherteams sichtbar geworden. Aufgrund seiner baulichen Struktur und der durch Bohrungen erschlossenen ersten Befunde wurde es vorläufig in die karolingische Zeit datiert. Daraufhin entschloss man sich, einen Ausgrabungsschnitt durch den gesamten Befestigungsgürtel anzulegen, der von den Archäologen aus Frankfurt im Sommer 2008 ausgeführt wurde. Nun bestätigen die Ergebnisse einer Radiokohlenstoff-Messserie sowie botanische Analysen, was zunächst nur zu vermuten war: Bei der Anlage, die einst in Sichtweite von Magdeburg auf der Anhöhe des Weinbergs direkt am östlichen Steilufer der Elbe thronte, handelt es sich um die Überreste des lange gesuchten, bisher nur in den schriftlichen Quellen belegten Kastells aus dem Jahr 806 n. Chr. Der Bau dieser Anlage (castellum) erfolgte im Zuge einer durch Karl den Großen befohlenen Militärkampagne gegen östlich der Elbe siedelnde slawische Stämme. Die in den südfranzösischen Klöstern Moissac und Aniane überlieferten Abschriften einer offenbar gut unterrichteten karolingischen Chronik bezeichnen die Lage dieses Militärkastells als ad aquilonem partem Albie contra Magadaburg (im nördlich gelegenen Teil der Elbe gegenüber von Magdeburg), was genau der Lage des neu entdeckten Befestigungswerkes entspricht. Der unerwartet zutage getretene archäologische Befund ist für die frühe Geschichte Magdeburgs und Sachsen-Anhalts von großer Bedeutung. Er stellt aus europäischer Perspektive den ältesten und bislang einzigen sicheren archäologischen Befund dar, der direkt mit dem Wirken der fränkischen Könige und Kaiser in den damals slawisch besiedelten Gebieten östlich der Elbe-Saale-Linie verbunden werden kann.
Bei den Grabungen der Frankfurter Universität, die durch Privatdozent Dr. Thomas Weber vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt logistisch unterstützt wurden, konnte ein in dieser Vollständigkeit selten erfasster, noch wenig bekannter Befestigungstyp nachgewiesen werden. Er bestand aus einer Staffel von insgesamt fünf annähernd parallel zueinander angelegten Befestigungsgräben, die mit einem Außendurchmesser von 300 m die Anhöhe des Weinbergs umschlossen. Bei den vier inneren, völlig synchron laufenden Gräben handelt es sich um so genannte Spitzgräben, ganz ähnlich denen, die in Teilabschnitten auf dem Magdeburger Domhügel gefunden und dort ebenfalls in die Karolingerzeit datiert werden (Ersterwähnung Magdeburgs 805). Aus dieser inneren Grabenstaffel wurden die neuen 14C-Daten gewonnen, die auf eine karolingerzeitliche Entstehung der Anlage bei Hohenwarthe schließen lassen. Aus derselben Zeit sind schon vor Jahren Siedlungsreste im Innern des damals noch unbekannten Grabenwerks identifiziert worden.
Der fünfte, in seiner Form etwas abweichende, äußerste Grabenring, muss aufgrund eines hier gewonnenen Radiokarbondatums mit einer späteren Erweiterung oder Reaktivierung der Befestigung im 10. Jahrhundert in Verbindung gebracht werden: In dieser Zeit wurde unter den ottonischen Herrschern eine zweite Phase der militärischen Unterwerfung slawischer Gebiete eingeleitet.
Die Forschungen in Hohenwarthe haben ganz offensichtlich ein Geschichtsdenkmal von europäischer Bedeutung und archäologischer Einzigartigkeit erschlossen.