Mainzer Experten bezweifeln Echtheit ersten althebräischen Königsinschrift

Für Dr. Reinhard Lehmann und Prof. Dr. Wolfgang Zwickel reiht sich die Königsinschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Vielzahl von Fälschungen ein, die seit dem 19. Jahrhundert verfertigt wurden.

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Am 13. Januar meldete zunächst die israelische Tageszeitung Ha"aretz und wenig später die internationale Presse eine Senstation: Die erste althebräische Königsinschrift sei entdeckt worden. Sie stamme von König Joasch (9. Jh. v.Chr.) und berichte von Bau- und Renovierungsarbeiten am salomonischen Tempel. Die Echtheit sei durch mineralogische Analysen bestätigt.

Die umfangreiche Diskussion der Thematik seit dem Bekanntwerden der Inschrift nahmen die zwei Mainzer Wissenschaftler zum Anlass, am 22. Januar einen Workshop zu der neu gefundenen Inschrift durchzuführen, Dr. Reinhard Lehmann als Spezialist für althebräische Epigraphik und Prof. Dr. Wolfgang Zwickel als Verfasser eines Standardwerkes zum salomonischen Tempel und den Forschungsschwerpunkten Biblische Archäologie und Geschichte Israels.

Die beiden Forscher stellten in dem gut besuchten Workshop ihre Bedenken gegen die Echtheit der Inschrift dar. Vor allem führten sie folgende Argumente an:

- Die Buchstabentypen der Inschrift sind für unterschiedliche Zeiten charakteristisch. So finden sich Typen des 11. Jh.s v.Chr., aber auch solche des 7. Jh.s v.Chr.

- Es gibt in der Inschrift Worttrennzeichen, die an mehreren Stellen nicht den sonst in dieser Region üblichen Regeln folgen.

- Die Orthographie der Inschrift ist mindestens einmal, wahrscheinlich aber sogar mehrfach in der Zeit vor dem 6. Jh. v.Chr. unmöglich.

- Syntax und Wortwahl zeigen an zwei Stellen Eigenheiten des späten oder gar modernen Hebräisch.

- Ein architektonischer Fachbegriff wurde falsch wiedergeben und ein Buchstabe in der Inschrift vergessen. Ein anderer architektonischer Fachbegriff wurde offensichtlich falsch verstanden.

- Der Text ist ein Konglomerat aus zwei biblischen Texten (1 Könige 6 und 2 Könige 12), die Tempelbau- und Restaurierungsmaßnahmen aus zwei unterschiedlichen Jahrhunderten zum Thema haben. Sie sind zudem unter Hinzunahme von Wendungen aus einigen anderen, zum Teil recht späten biblischen Texten falsch und entstellend kombiniert und lassen sich so kaum sinnvoll verstehen.

- Steleninschriften aus der Region standen üblicherweise in einem Sockel. Die Inschrift bietet keine Möglichkeit für eine derartige Aufstellung.

- Vergleichbare Königsinschriften sind durchweg breiter (60-68 cm), während diese Inschrift nur 27 cm breit ist.

- Die Qualität der Ausführung der Schrift entspricht nicht der vergleichbarer Königsinschriften der Region.

"Die Inschrift reiht sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Vielzahl von Fälschungen ein, die seit dem 19. Jh. verfertigt wurden", so Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Zwickel, "offenbar ist es aber den Fälschern inzwischen gelungen, Alterungsprozesse an Steinen bewerkstelligen zu können, die einen naturwissenschaftlichen Nachweis der Fälschung erschweren oder sogar verhindern. Um so mehr müssen die klassischen Methoden wie Paläographie, Syntax und Grammatik für den Nachweis einer Fälschung herangezogen werden."

 

Quelle: Uni Mainz