Ob hier ein Centurio oder ein anderer Soldat der römischen Armee seine letzte Ruhestätte fand, lässt sich nicht sagen. Sicher ist, dass die Asche des toten Römers im ersten Jahrzehnt nach Christus akkurat vom Scheiterhaufen aufgesammelt und im Hügelgrab in einer Urne bestattet wurde, die vorher als Kochtopf diente - eine damals übliche Praxis.
Das Grabungsteam des LWL-Referates für Provinzialrömische Archäologie war seit März auf sieben Grabungsflächen und insgesamt 2.500 Quadratmetern auch dem Alltagsleben der Soldaten, ihrer Familien und den damaligen Bestattungsbräuchen auf der Spur. In dem künftigen Baugebiet zeichneten sich im freigebaggerten Boden die Fundamentgräben eines Grabhügels ab, den die Ausgräber bereits im Jahr 2005 angeschnitten hatten.
Bis zu 50 Zentimeter tief waren die Bodenverfärbungen, die von den Dimensionen des kreisrunden Hügelgrabes zeugen, das einen Durchmesser von rund zehn Metern hatte. "In der Mitte des Grabes waren die Leichenbrandreste des Bestatteten in der Urne beigesetzt", schildert Grabungsleiterin und LWL-Archäologin Dr. Bettina Tremmel.
Darüber hinaus dokumentierte das zehnköpfige Grabungsteam Siedlungsgruben aus den verschiedensten Siedlungsepochen seit dem Neolithikum. Die meisten davon stammen ebenfalls aus der römischen Kaiserzeit. "In den Gruben haben die Menschen ihren Hausmüll und anderen Unrat entsorgt - das gibt uns wertvolle Anhaltspunkte über das Alltagsleben", stellt Tremmel fest. In einer Grube wurde sogar das Skelett eines großen Tieres gefunden. Ob es sich dabei um ein Pferd oder ein Rind handelte, werden weitere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen.
Die Ausgrabungen fanden im Vorfeld der baulichen Erschließung des künftigen Neubaugebietes in Berghaltern in Bereichen statt, die für den Straßenbau benötigt werden und bislang noch nicht archäologisch untersucht worden waren. Die Stadt Haltern unterstützte die Arbeit der LWL-Archäologen vor Ort, indem sie Grabungshelfer ebenso zur Verfügung stellte wie den Bagger, Container und den Stromanschluss. "Das war für uns eine wichtige Hilfe", bedankt sich Tremmel.
Die aktuelle Grabungskampagne ist Teil der archäologischen Forschung an der römischen Gräberstraße. Schon in den Jahren 2003 bis 2006 und 2008 untersuchten LWL-Archäologen Teilflächen an der Weseler Straße. Hier finden sich zahlreiche Gräber aus der römischen Kaiserzeit in zwei Reihen parallel zur imposanten, 38 Meter breiten römischen Straße.
Die zweite Grabreihe, an deren Ende die jetzigen Untersuchungen stattfanden, wurde bereits 2004 entdeckt. Mit dem neuen Grab sind allein hier 20 Grabbauten nachgewiesen - darunter runde und quadratische Anlagen, die zum Teil offenbar begehbar waren. In den Gräbern waren nicht nur römische Soldaten aus dem Römerlager, sondern auch Frauen und Kinder beigesetzt.
Über den gesamten Komplex mit seinen Gräbern wird eine eigene wissenschaftliche Publikation erscheinen. Eine Restfläche, auf der aktuell noch eine wilde Müllkippe liegt, soll zu einem späteren Zeitpunkt untersucht werden.