Forscher der Abteilung für Altamerikanistik der Universität Bonn graben seit drei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt des mexikanischen Bundesstaates Campeche die Maya-Stadt Uxul aus. Mit dem Ausgrabungsprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Nikolai Grube und Dr. Kai Delvendahl wird die Ausdehnung und der Zerfall des Königtums von Uxul erforscht. Die Grabung liegt nahe der Grenze zu Guatemala im Biosphärenreservat von Calakmul, dem größten zusammenhängenden tropischen Waldgebiet Mexikos. Die Ausgrabungen werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.
»Während der aktuellen Ausgrabungskampagne wurde nun eine Anzahl von Relieftafeln entdeckt, welche Könige beim Ballspiel zeigen«, berichtet Dr. Delvendahl. Die Tafeln waren in die Treppen des Eingangs- und Repräsentationsgebäudes des königlichen Palastkomplexes von Uxul eingesetzt. Die Hieroglypheninschriften auf den Relieftafeln liefern wichtige Informationen über die Beziehungen zwischen den Herrschern von Uxul und den Königen der mächtigen Kaan-Dynastie, deren Hauptsitz sich in der 26 Kilometer entfernten Stadt Calakmul befand.
Eines der größten und massivsten Repräsentationsgebäude
Einzelne, auch im Format ähnliche Relieftafeln mit Ballspielern sind schon früher auf dem Kunstmarkt aufgetaucht, die Bonner Grabung hat solche Tafeln aber zum ersten Mal in ihrem archäologischen Kontext freigelegt. »Die auf den Relieftafeln abgebildeten Ballspielszenen stimmen sehr gut mit dem Umfeld der Palastkomplexe überein«, sagt Prof. Grube. In Uxul wie auch in Calakmul liegt der Hauptpalast in unmittelbarer Nähe vom Ballspielplatz und westlich der Zeremonialgebäude und hohen Pyramiden. Der Palast von Uxul besteht aus mindestens elf einzelnen Gebäuden, die sich um fünf Innenhöfe gruppieren. »Das Repräsentationsgebäude, an dem die Tafeln angebracht waren, ist eines der größten und massivsten Palastgebäude im gesamten Maya-Tiefland«, erläutert Prof. Grube. Es diente als Zugang zum Palast und als Verbindung zwischen einem großen Vorplatz, auf dem sich ein Ballspielplatz befand, sowie den Innenhöfen der Anlage.
Insgesamt wurden sechs steinerne Relieftafeln entdeckt, von denen vier mit Darstellungen von pompös gekleideten Königen beim Ballspiel geschmückt sind. Keine der Relieftafeln befindet sich an ihrem ursprünglichen Ort, da die Tafeln erst im Rahmen von Umbaumaßnahmen nach 740 n. Chr. in die Stufen eingesetzt worden sind. »Die vier Relieftafeln, die Ballspieler zeigen, ähneln einander sehr stark in Bezug auf die Szenen und die Größe«, sagt Prof. Grube. Aufgrund der Hieroglyphenschriften können die dargestellten Spieler als zwei der Könige der Kaan-Dynastie von Calakmul identifiziert werden, nämlich als Yukno’m Ch’een II (636-683 n. Chr.) und Yukno’m Yich’aak K’ahk’ (686-695 n. Chr.). Auf einer der Tafeln erscheint Yich’aak K’ahk’ mit einem Datum aus dem Februar 695 n. Chr., nur wenige Monate vor seinem Tod während eines Kriegszugs gegen Tikal im August 695 n. Chr.
Einzigartige Einsichten in die Beziehungen der Mächtigen
»Die Relieftafeln liefern einzigartige Einsichten in die Beziehungen zwischen der mächtigen Metropole Calakmul und Uxul«, sagt Prof. Grube. Die Stadt Uxul, die ursprünglich Residenz eines unabhängigen Königs war, geriet offensichtlich nach 640 n. Chr. unter die Kontrolle von Calakmul und wurde zum Vasall der Könige der Kaan-Dynastie. Die großen Ähnlichkeiten zwischen den Palästen von Uxul und Calakmul sowie die Präsenz der Relieftafeln deuten nun darauf hin, dass der Palast von Uxul von den Königen der Kaan-Dynastie in Besitz genommen wurde. Dafür spricht auch, dass keine der Tafeln den König von Uxul erwähnt. Dies wäre zu erwarten gewesen, wenn der Palast von den lokalen Königen genutzt worden wäre. Die Ausgrabung des Palastkomplexes von Uxul soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden.