Ina Scharrenbach, die für Denkmalschutz und Archäologie zuständige Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, nahm sich nun die Zeit, um sich bei den beteiligten Institutionen und natürlich auch bei den "Azubis" für die erfolgreiche Bergung und Restaurierung der Stücke zu bedanken: "Offenbar wussten auch schon die Römer das Wasser aus der Eifel sehr zu schätzen: Mit ihrem Einsatz haben die jungen Männer ein besonderes Stück Heimat für uns erhalten. Dafür möchte ich im Namen des Landes herzlich Danke sagen. Der Fund zeigt uns einmal mehr, wie hochentwickelt die römische Ingenieurskunst gewesen ist", so die Ministerin, die bei einer der Wanderungen im Rahmen ihrer "Heimat-Tour 2018" den Römerkanal im Kreis Euskirchen bereits kennengelernt hatte.
Die römische Wasserleitung von der Eifel nach Köln ist das bedeutendste technische Denkmal der Antike nördlich der Alpen – zugleich das längste. Ihre Gesamtlänge beträgt 95 Kilometer – inklusive aller Zuleitungen etwa 130 Kilometer. Sie ist damit die drittlängste im gesamten römischen Imperium. Der "Römerkanal", wie er in der Region genannt wird, gehört zu den großen Ingenieurleistungen der Antike. Bauweise und Vermessungstechnik lassen Laien wie Fachleute staunen. Er ist ein archäologisches Denkmal von internationalem Rang – auch deshalb, weil wichtige Teile erhalten sind.
Der Kanal funktionierte als reine Gefälleleitung. Zur Überbrückung von Tälern gab es einige Aquäduktbrücken. Um die Leitung zum Schutz vor dem Frost weitgehend unterirdisch führen zu können, folgt die Trasse vorhandenen Höhenzügen, Umwege wurden in Kauf genommen. In der Regel wies sie eine Überdeckung von 90 Zentimetern Erdreich auf. Das gewünschte Gefälle konnten die Baumeister dadurch bestimmen, dass sie den Kanal in den Hang eines Höhenzuges legten. Der Erdaushub für die Rinne diente dabei als Arbeitsterrasse und Zuweg. Bei Meckenheim sowie zwischen Hürth und Köln war die Leitung als Hochleitung angelegt, von Bogenstützen getragen.
Die römische Vermessungstechnik überließ nichts dem Zufall. Das Gefälle der Leitung beträgt teilweise nur ein Promille. Die Leitung gliederte sich in viele Baulose, wie man an unterschiedlichen Gefälleabschnitten erkennen kann. Die gute Erhaltung der Leitung ist vor allem auf ihre bestens ausgeklügelte und äußerst aufwendige Bauweise zurückzuführen. Die Römer kannten bereits den Beton (opus caementitium) und verfügten recht früh über wasserdichten Zement.
Die Freilegung des Teilstückes durch das archäologische Fachunternehmen ArchaeoNet aus Bonn, das Zersägen in Blöcke und die aufwendige Bergung der tonnenschweren Einzelstücke wurden durch den Landesbetrieb Strassen.NRW beauftragt und finanziert. Als Kompensation für ihre ortsbezogene Beseitigung zugunsten des Straßenbaus verständigten sich das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege und der Landesbetrieb Strassen.NRW außerdem darauf, sechs Stücke konservatorisch zu ertüchtigen und der Öffentlichkeit später an Ort und Stelle zu präsentieren. Fünf der Teile werden dazu beiderseits der neuen Straße in die Böschungen eingebaut, um den Verkehrsteilnehmern den ursprünglichen Verlauf der antiken Leitung zu veranschaulichen. Das sechste, mit Gewölbe und Revisionsschacht, wird unmittelbar angrenzend an einem Rad- und Fußweg aufgestellt, der die neue Straße hier auf einer Brücke queren wird. Insgesamt wendete Strassen.NRW eine Million Euro für die gesamte Maßnahme auf.
Für die restlichen 22 Stücke waren Interessenten einem Aufruf des Vereins "Freundeskreis Römerkanal-Wanderweg" gefolgt und erklärten sich bereit, die Kosten der Restaurierung ihres jeweiligen Stückes in Höhe von knapp 10.000 Euro zu übernehmen. Es meldeten sich Gemeinden, Firmen, Verbände und Privatpersonen, die sich als "Anrainer" der Römerleitungstrasse mit dem Monument verbunden fühlen oder aufgabengemäß mit dem Thema "Wasser" befasst sind. Zu den Abnehmern gehört auch das Heilig-Geist-Gymnasium Würselen. Motiviert durch den Geschichtsunterricht ergriff hier der Schüler Timo Ohrndorf die Initiative. Er sammelte bei Förderern auch das Geld für das Stück Wasserleitung ein.
Mit der Handwerkskammer zu Köln, dem Baudienstleister STRABAG, dem Baggerunternehmen Peter Schneider aus Mechernich und dem Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW fanden sich vier Abnehmer, die stellvertretend für alle die Vorbereitung der Wasserleitungsteile für die Auslieferung an die Interessenten übernahmen. Neben dem sicheren Transport der Stücke gehörte dazu vor allem ihre fachgerechte Konservierung, zu der sich die Handwerkskammer Köln mit ihrem Bildungszentrum Butzweilerhof bereiterklärte. Unter Anleitung des Steinrestaurators Thomas Sieverding haben dort angehende Fachhandwerker im Betonbau mit Begeisterung und großem Respekt vor der Baukunst der Römer die Stücke überarbeitet. Die ersten zehn Blöcke werden in Kürze an ihre Abnehmer übergeben.
Ihre Denkmaleigenschaft verlieren die Teile der Leitung übrigens nicht. Nach dem nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz stellen sie nun "bewegliche Bodendenkmäler" dar. Sie stehen auch weiterhin unter dem Schutz der Bezirksregierung Köln, die mit den Abnehmern eine Patenschaft verbindlich vereinbart. Jedes Stück Römerkanal muss öffentlich zu sehen sein, dauerhaft gepflegt werden sowie ein Schutzdach und eine Informationstafel erhalten, die über die Art und Bedeutung des archäologischen Erbes informiert.