40 Referentinnen und Referenten u. a. aus Deutschland, England, Polen und den USA nehmen in dieser Form erstmals systematisch die "unteren" Ebenen von Macht und Hierarchie jenseits der Elitenforschung in den Blick. Dabei spannen sie den Bogen von der Antike über das Mittelalter bis zur Neuzeit.
In der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie liegt der Schwerpunkt traditionell auf dem Nachweis sozialer Eliten und Hierarchisierungsprozesse. "Was fehlt, ist eine umfassende Rekonstruktion der einstigen soziokulturellen Realität", so Juniorprofessor Dr. Tobias Kienlin vom Institut für Archäologische Wissenschaften der RUB. Zusammen mit Prof. Dr. Andreas Zimmermann vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln richtet er die Tagung aus. Sie bringen Historiker, Archäologen, Kultur- und Sozialwissenschaftler zusammen. In zahlreichen Fallstudien beleuchten die Forscher alltägliche Praktiken und Identitäten sowie die "Grundsteine" verschiedener Gesellschaften wie Alter, Geschlecht und Abstammung. Zudem gibt es konkrete Beispiele für "konsensorientierte und kommunale Entscheidungsfindung, die vor oder neben politischer Macht existierten."
Konkret geht es beispielsweise um die athenische Demokratie "von oben und von unten gesehen" und damit um die Frage, ob es sich dabei nur um eine "verkappte Oligarchie" (die Herrschaft Weniger) handelte. Thematisiert werden alternative, soziale Topographien römischer Städte, die komplexen Sozialstrukturen der Merowingerzeit, in der es weit mehr gab als "nur" Adlige und Bauern, aber auch "bandkeramische Hofplätze und Erbschaftsregeln" aus der Jungsteinzeit oder "Mining and Elites". "Mit dem fachübergreifenden, kulturanthropologischen Ansatz in Forschung und Lehre schärft das Bochumer Institut für Archäologische Wissenschaften sein Profil auch im Bereich archäologischer Theoriebildung und vernetzt sich mit anderen Fächern innerhalb wie außerhalb der Ruhr-Universität", sagt Jun.-Prof. Kienlin.