Diese Gruppierung verfolgt das Ziel, naturwissenschaftliche Fachkompetenz im Bereich Kulturwissenschaften zu etablieren. Auf den regelmäßig im anderthalbjährigen Turnus stattfindenden Jahrestagungen werden aktuelle Ergebnisse analytischer Untersuchungen zur Lösung kulturhistorischer Fragestellungen vorgestellt. Neue Entwicklungen in der Analytik erweitern ständig die Möglichkeiten substanzschonender Untersuchungen. So können zunehmend Details erforscht werden, die bisher nicht zugängliche Informationen liefern. Auch die Bereiche Kulturgüterschutz und Denkmalpflege profitieren seit vielen Jahren vom Verbund der Gesellschaften. Natursteinbauwerke, Glasfenster, bemalte Skulpturen und Wandmalereien können nur in die Zukunft gerettet werden, wenn ihre chemischen und mineralogischen Zusammensetzungen sowie die zerstörenden Mechanismen bekannt sind und bei konservatorischen Arbeiten berücksichtigt werden können.
Aktuelle Themen, die auf der diesjährigen Tagung diskutiert werden, sind beispielsweise ein neuer Echtheitstest für Bronze. Dr.-Ing. Daniela Nickel, TU Chemnitz, berichtet unter dem Titel "Den Fälschern auf der Spur" über die Anwendung einer neuen auf Isotopenmessungen beruhenden Methode, mit der Aussagen über die Echtheit von bronzenen Objekten getroffen werden können. Da bislang eine geeignete Methode fehlte, waren antike Kunstobjekte aus Bronze nicht sicher als Original oder Fälschung zu identifizieren. Die neue Methode basiert auf dem Vergleich der Zinnisotopenverhältnisse im Metall und in der anhaftenden Korrosionsschicht. Signifikante Unterschiede weisen auf eine in kurzer Zeit künstlich erzeugte Patina hin, also auf ein gefälschtes Objekt. Übereinstimmende Zinnisotopenverhältnisse hingegen beweisen die Echtheit von natürlich korrodierten Objekten. „Mit dieser Methode konnte beispielsweise die Echtheit der 'Himmelsscheibe von Nebra' nachgewiesen werden", sagt Professor Dr. Ernst Pernicka, Tübingen, an dessen Institut die Methode entwickelt wurde.
Dr. Frank Schlütter von der Amtlichen Materialprüfungsanstalt Bremen berichtet auf der Tübinger Tagung über analytische Untersuchungen an glasierter Baukeramik in Zentralasien. Die historischen Stadtgebiete von Samarkand und Buchara beispielsweise sind von großen sakralen Bauwerken geprägt, die durch farbig glasierte Fassadenelemente auffallen. Anhand von Materialproben vom Mausoleum Schadi-Mulk-aka (Samarkand) und von der Koranschule Abdulasis-Khan (Buchara) wurden die historischen Baumaterialien charakterisiert. Als Träger der Glasuren lässt sich aus Lösslehm gebrannte Keramik oder so genannte Quarz-Fritte-Keramik unterscheiden. Für die Analyse der keramischen Untergründe und der Glasuren erwies sich eine kombinierte licht- und rasterelektronenmikroskopische Untersuchung als optimal. Insbesondere an den Fayenceglasuren wird z.B. eine chemische Analyse durch den mehrschichtigen Aufbau der Glasur erschwert. Die Bestimmung der Zusammensetzung der Glasuren ist wichtig, um auf die verwendeten Rohstoffe und die Herstellungstechnologie zu schließen. Die Unterschiede in den Zusammensetzungen erlauben Rückschlüsse auf die Art der Glasur, zeigen technologische Unterschiede zwischen den Regionen und geben Hinweise auf technologische Entwicklungen. Die Untersuchungen hatte das Auswärtige Amt gefördert.
Auch in diesem Jahr wird anlässlich der Tagung ein öffentlicher Abendvortag angeboten: Über "Das Genom des Schwarzen Tods: Genetische Untersuchung des mittelalterlichen Pesterregers" trägt Juniorprofessor Dr. Johannes Krause, Urgeschichte und Archäologie der Eberhard-Karls-Universität, am 28. März, 19:30 Uhr, im Audimax der Universität Tübingen vor.