Mit diesem Schwerpunkt nehmen die Organisatoren der Tagung, Priv.-Doz. Dr. Neslihan Asutay-Effenberger (Berlin) und Univ.-Prof. Dr. Falko Daim (Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums) ein Thema auf, das von der internationalen Forschung bislang recht einseitig betrachtet worden ist. Die Geschichte der am Ende des 10. Jahrhunderts zum Islam konvertierten Seldschuken lässt sich bis in das 8. Jahrhundert zurückverfolgen. Die entscheidenden Auseinandersetzungen mit Byzanz erfolgten im 11. Jahrhundert, wobei der Schlacht von Manzikert im Ostanatolien, in der die byzantinische Armee unter Kaiser Romanos IV. Diogenes (1068-1071) unterlag, besondere Bedeutung zukommt. Sie leitete den fast vollständigen Verlust der byzantinischen Gebiete Anatoliens ein und ermöglichte den Seldschuken, Turkmenen mit persisch geprägter Kultur, ihr eigenes Reich im ehemaligen Kernland des byzantinischen Reiches zu errichten.
Die Machtübernahme der Seldschuken wird in der Forschung zum Anlass genommen, das Ende byzantinischer Kunst und Kultur in den verlorenen Gebieten anzunehmen. Die Künstler hätten jeglichen Kontakt mit byzantinischen Kunstzentren verloren und kaum noch Auftraggeber gefunden. Der kulturelle und künstlerische Austausch zwischen Byzanz und den Seldschuken - und damit mit dem für einen bestimmten Abschnitt der Geschichte sicherlich wichtigsten Nachbarn – wird daher als gering eingeschätzt und selten thematisiert.
Vergessen wird aber dabei, dass unter der Herrschaft der Seldschuken in Anatolien noch mit einer erheblichen Zahl an griechischen Einwohnern gerechnet werden muss. Diese Situation ermöglichte Griechen und Türken eine Koexistenz und eröffnete ihnen die Möglichkeit eines intensiven kulturellen und künstlerischen Austausches. Den Schriftquellen zufolge kamen während dieser Ära auch die Angehörigen der Eliten, Diplomaten und Kaufleute sowie Künstler aus Konstantinopel und Konya in engen Kontakt und spielten eine wichtige Rolle innerhalb dieses kulturellen Austausches, dessen Höhepunkt in den vielen erhaltenen Denkmälern und Kunstgegenständen fassbar ist.
Das interdisziplinäre Symposium führt nun Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Ländern zusammen, um die unterschiedlichen Facetten der byzantinisch-seldschukischen Beziehungen zu diskutieren. Dabei werden auch benachbarte Regionen, insbesondere der Kaukasus, nicht ausgeklammert. Das Hauptziel der Veranstaltung ist es, eine neue Perspektive für die Auswertung der künstlerischen Hinterlassenschaften Anatoliens während des 11., 12. und 13. Jahrhunderts zu eröffnen.