Das Angebot richtet sich an historisch interessierte, mathematisch-naturwissenschaftlich begabte und interdisziplinär orientierte Studierende und schließt nach neun Semestern mit dem akademischen Grad eines/einer Diplom-Industriearchäologen/in ab.
Die Industriearchäologie beschäftigt sich mit der Erfassung, Erforschung, Interpretation und im gewissen Umfang auch mit der Erhaltung der gegenständlichen Überlieferung gewerbe- und industriebezogener Artefakte, Anlagen und Systeme in ihrem kulturellen und historischen Kontext. Dazu gehören alle Denkmale der Produktions- und Verkehrsgeschichte wie handwerkliche Produktionsstätten mit ihren Ausstattungen, industrielle und bergbauliche Anlagen, Maschinen und Modellen, Verkehrsbauten und Transportmittel sowie Kommunikations- und Infrastruktureinrich-tungen mit ihren zugehörigen Anlagen. Die Studienrichtung verbindet historisch-geisteswissenschaftliche Methoden und Fragestellungen mit einer breiten natur- und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagenausbildung einerseits und einer praxisorientierten Ausbildung im Bereich des Kultur- und Projektmanagements, des Museumswesens und der Denkmalpflege andererseits. Zu den Schwerpunkten des Studiums zählen u.a. Fächer wie Technik- und Wirtschaftsgeschichte, Industriearchitektur- und Industriedenkmalpflege, Denkmalrecht, Archivkunde, Konservierung und Restaurierung, Vermessungstechnik und Computerkartographie sowie Marketingmanagement, Arbeitsrecht oder Projektentwicklung. Zur praxisorientierten Ausbildung gehören ebenso mehrere Exkursionen und Praktika. Hier arbeitet die TU Bergakademie Freiberg sehr eng mit den Institutionen der Denkmalpflege und des Museumswesens in Sachsen sowie in den anderen Bundesländern zusammen.
"Vor allem in den Ländern mit Industrietradition", erläutert Prof. Helmuth Albrecht, Direktor des Institutes für Wissenschafts- und Technikgeschichte der TU Bergakademie Freiberg und Initiator des neuen Studienangebotes, "wird es immer dringlicher, die Industriedenkmäler zu schützen und zu pflegen. Die Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik Deutschland hat deshalb schon 1995 empfohlen, zur Bewältigung dieser Probleme Konservatoren einzusetzen, die gründliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Technik-, Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte sowie des Maschinenbaus haben und zur interdisziplinären Zusammenarbeit befähigt sind. Mit unserem neuen Studienangebot besteht nun erstmals die Möglichkeit, sich an einer Universität auf eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Industriedenkmalpflege vorzubereiten." Wie kaum ein anderes Bundesland weist Sachsen für einen derartigen Studiengang ideale Voraussetzungen auf. Mit seiner großen industrie- und bergbaugeschichtlichen Tradition, die ihren Niederschlag nicht zuletzt in ca. 20.000 technischen Denkmalen findet, bietet Sachsen ein ideales Umfeld für industriearchäologische Lehre und Forschung. Zahlreiche technische Museen und der Museumsverbund Sächsisches Industriemuseum ergänzen und erweitern dieses landesweite "industriearchäologische Laboratorium" und eröffnen so auch die Möglichkeit einer praxisnahen Ausbildung für ein weites berufliches Tätigkeitsfeld.
Mit der TU Bergakademie Freiberg besitzt Sachsen außerdem die einzige deutsche Hochschule, die seit den 1990er Jahren über eine eigene Professur für Technikgeschichte und Industriearchäologie verfügt, und deren akademisches Umfeld zudem die Einrichtung eines so interdisziplinär orientierten Studienganges außerordentlich begünstigt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem die vor wenigen Jahren neu eingerichtete Professur für Archäometallurgie mit dem erfolgreichen Studiengang Archäometrie, der Studiengang Angewandte Naturwissenschaften, dessen Grundlagenfächer teilweise in den neuen Studiengang integriert sind, oder auch die Fachrichtungen für Bergbau und Maschinenbau, deren Ausbildungsinhalte für künftige Industriearchäologen/innen von Bedeutung sind. Studierende der Studienrichtung Industriearchäologie werden im Diplomstudiengang Archäometrie/Industriearchäologie immatrikuliert. Dem viersemestrigen Grundstudium, das die Industriearchäologen gemeinsam mit den Kommilitonen der Archäometrie absolvieren, schließt sich ein fünfsemestriges Hauptstudium an, dessen Schwerpunkte die Industriearchäologie und ihre Methoden, das Kultur- und Projektmanagement sowie Wahlpflichtfachangebote aus den Bereichen der Ingenieurwissenschaften, des Museumswesens und der Denkmalpflege bilden.
"Die Einsatzgebiet für die neuen Fachleute sind aufgrund ihrer interdisziplinären Ausbildung vielfältig", beschreibt Prof. Albrecht deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. "Absolventen/innen der Studienrichtung Industriearchäologie können vorzugsweise dort eingesetzt werden, wo ein breites, fachübergreifendes naturwissenschaftliches Grundlagenwissen für die Lösung historisch-archäologischer, technikgeschichtlicher und industriearchäologischer Probleme gefordert ist. Industriearchäologische Funde und Befunde sind zu dokumentieren, zu katalogisieren, mit naturwissenschaftlichen und materialwissenschaftlichen Methoden zu untersuchen, historisch, technikgeschichtlich und denkmalpflegerisch zu analysieren und einzuordnen sowie ggf. durch die Entwicklung neuer Nutzungskonzepte zu bewahren. Berufsmöglichkeiten bieten sich außerdem in allen Bereichen der industriearchäologischen Forschung, namentlich an Universitätsinstituten, Ämtern für Denkmalpflege und Museen wie z.B. Industrie- und Technikmuseen, ferner im Wissenschaftsjournalismus, in der wissenschaftlichen Bildungsarbeit und im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit von Industrieunternehmen."
Quelle: Pressemitteilung TU Freiberg