Die achteckige Burganlage bei Warburg ist seit der Entdeckung ihrer äußeren Gestalt eine Besonderheit nicht nur in der Burgenforschung. Die kleine Burganlage ist die nördlichste oktogonale Burg im deutschsprachigen Raum und mit ihren architektonischen Besonderheiten einzigartig. Seit 2010 erforschen Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen ihren Aufbau. Bislang wurden Schritt für Schritt Fundamente und Räume untersucht, naturwissenschaftliche Untersuchungen und Prospektionen zur mittelalterlichen Landschaft während Blütezeit der Burg vorgenommen. Das Ziel: Ein möglichst genaues Bild von der Anlage, die im 13. Jahrhundert die Region geprägt hat.
Bereits 1294 wurde die Burg im Zuge heftiger regionaler Auseinandersetzung in Schutt und Asche gelegt. Wie vehement die mittelalterlichen Eroberer zu Werke gingen, lässt sich an den Resten des einstigen Bergfriedes ablesen. Von dem Hauptturm, der sich einst stolz als repräsentatives Symbol der Macht in die Höhe streckte und gleichzeitig wohl zur Verteidigung der Anlage diente, ist nur ein imposanter Steinhaufen übriggeblieben. Das ursprüngliche Material wurde verschleppt oder von den Stadtbewohnern in andere Bauten integriert.
Aber auch die Überreste enthalten wertvolle Informationen. So wissen die Archäologen jetzt, dass der Bergfried einst einen Durchmesser von ca. 6,80 Metern hatte. Die fast genau kreisrunde Ausbruchgrube konnte in vollem Umfang freigelegt und dokumentiert werden. Auch das Fundament dieses auffälligen Bauelements der Burg liefert wichtige Erkenntnisse.
Auf der restlichen, gerade einmal 568 Quadratmeter großen Fläche der Burg sind die Fachleute der Anlage weiter auf den Grund gegangen. In verschiedenen Räumen entdeckten die Experten dabei Hinweise auf Umbauten, die die einstigen Bewohnern vorgenommen haben. Unterschiedliche Fußbodenniveaus oder der überraschende Verlauf von Mauern stellt die Forscher dabei vor immer neue Fragen. So scheinen Eingänge zu einzelnen Räumen verändert worden zu sein, ebenso die Nutzung, etwa wenn die Raumhöhe verändert wurde. Die ohnehin für die Zeit bemerkenswert ausgetüftelte Heizungsanlage konnte jetzt durch den weiteren Verlauf des Heizungskanals weiter untersucht werden - bis zu der Stelle, wo das Feuer für die Wärmeversorgung gespeist wurde. Es tauchten aber auch Mauern auf, die zu bislang völlig unbekannten Bauphasen gehören.
Auch Dramen spiegeln sich in den Spuren wider, die im Boden erhalten blieben. So haben die LWL-Archäologen in einem Gebäude eine knapp einen Meter mächtige Brandschicht entdeckt. Ursache dafür war vermutlich das Feuer, das die Anlage 1294 endgültig zerstörte. Überraschend sind Funde, die für den Laien weniger spektakulär wirken: Hier sind besondere Kacheln entdeckt worden, die sonst erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts verbreitet sind. Ob diese Halbzylinderkacheln, die zu einem Ofen gehörten, die frühesten Vertreter ihrer Art sind, werden weitere Forschungen zeigen.
»Die Binnenstruktur der Burg und vor allem die Erdschichten sind sehr komplex«, schildert Dr. Hans-Werner Peine, Experte für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen. »Zudem überrascht uns die Burg mit immer neuen Erkenntnissen.«
Die historischen Quellen verraten nur wenig über die Vergangenheit der Holsterburg. Erstmals erwähnt wurde die Burg, die über eine wichtige Wegeführung zwischen der Warburger Altstadt und Kassel wachte, im Jahr 1170. Bereits 1294 wurde Bauwerk im Zuge der immerwährenden Konflikte zwischen der Eigentümer-Familie Berkule und der Stadt Warburg komplett niedergerissen. Die Burg geriet in Vergessenheit.