"Die Rückgabe von Kulturgütern ist oft mit vielen Emotionen verbunden, besonders, wenn es um Zeugnisse aus Unrechtskontexten geht oder etwa sterbliche Überreste von Menschen. Da scheint die Rückgabe eines Stoffstückes weniger eindrucksvoll – und doch ist sie genauso bedeutsam", so Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels. "Deutschland hat sich mit dem UNESCO-Übereinkommen von 1970 dazu verpflichtet, das kulturelle Erbe der Menschheit vor Beschädigung, Abwanderung und illegalem Handel zu schützen. Das Stofffragment gehört nach dem Kulturgutschutzgesetz nicht in privaten Besitz. Es gehört in seine peruanische Heimat, wo es den Menschen ihre jahrhundertealte Handwerkskunst demonstrieren und zur kulturellen Identität beitragen kann. Ich danke den peruanischen Kultur- sowie den hessischen Ermittlungsbehörden und dem Auswärtigen Amt herzlich für die gute Zusammenarbeit."
Die prähispanische Chancay-Kultur entwickelte sich an der mittleren Küste Perus zwischen 1000 und 1470 n. Chr. und ist vor allem durch ihre hervorragenden handwerklichen Fähigkeiten in der Textilkunst geprägt. Die Weber der Chancay-Kultur nutzten zur Herstellung der Stoffe verschiedene technische Verfahren wie Gaze, Spitze, Gobelin, Netze sowie Brokat. Sie stellten Vögel, Katzen und Menschen häufig geometrisch abstrahiert dar: So gestalteten sie die menschlichen Körper als dreieckige oder trapezförmig abgestufte Figuren.
Die Bildsprache des nun zurückgegebenen Kulturguts zeigt typische geometrisierte Wellen und menschliche Figuren in noch immer leuchtenden gelben und roten Farbtönen. Aufgrund der besonderen klimatischen Bedingungen erhalten sich diese Kunstwerke aus organischen Materialien oftmals nahezu unbeschädigt auf den Friedhöfen in den sandigen Wüstengebieten des Chancay-Gebiets. Damit sind sie für Wissenschaft und Forschung sowie für die kulturelle Identität Perus von großer Bedeutung.