Hallstatt: Weitreichende Handelsnetzwerke während des 1. Jahrtausends v. u. Z.
Mathias Mehofer (Universität Wien), Georg Tiefengraber und Karina Grömer (beide Naturhistorisches Museum Wien) untersuchten erstmals Grabbeigaben aus dem 8.–4. Jahrhundert v. u. Z. aus dem Gräberfeld Hallstatt auf die Herkunft des Metalls.
Die Wissenschafter*innen konnten durch die Analyse des »geochemischen Fingerabdruckes« des Kupfers zeigen, dass während der Spätbronzezeit (Ende 2. Jt. v. u. Z.) sogenanntes chalkopyritbasiertes Kupfer – möglicherweise aus Salzburg (Hochkönig-Mitterberggebiet) und den Südalpen (Trentino, Südtirol) − verwendet wurde, während in der nachfolgenden Zeit (ab ca. 900/800 v. u. Z.) vermehrt fahlerzbasiertes Metall genutzt wurde. Wo dieses im 1. Jt. v. u. Z. abgebaut wurde, muss noch erforscht werden. »Unsere Analysen belegen also, dass sich über die Jahrhunderte die Bezugsnetzwerke änderten. Woher genau das Kupfer kam, können erst die nachfolgenden Auswertungen zeigen«, erklärt Mehofer. »Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die spätbronzezeitlichen Kupferbergwerke, die Chalkopyritkupfer lieferten, allmählich erschöpft waren, und neue Kupferquellen erschlossen werden mussten, um den Betrieb im Salzbergwerk aufrecht zu erhalten. Das danach genutzte Fahlerzkupfer hat einen viel höheren Anteil an Arsen oder Antimon, diese verändern die Eigenschaften des Kupfers«. Die Analysen belegen außerdem, dass der Zinngehalt in den analysierten Objekten mit der Zeit abnimmt. »Diese Resultate deuten auf eine Verknappung dieses wichtigen Legierungsbestandteiles zur Herstellung von Zinnbronze hin, der aus weit entfernten Lagerstätten wie etwa aus Cornwall, aus Spanien, im Erzgebirge oder aus Zentralasien herbeigeschafft wurde. Wir können daraus schließen, dass sich auch diese Fernhandelsnetzwerke änderten«, so Mehofer.
Die Untersuchung des Metalls erfolgte mittels sogenannter Röntgenfluoreszenz- und Massenspektrometeranalysen. Erstere dient der Bestimmung der Mengengehalte von Haupt-, Neben-, und Spurenelementen im Metall, wie etwa Zinn, Blei oder Arsen. Mittels Massenspektrometeranalysen werden die Bleiisotopenverhältnisse des Kupfers analysiert, um damit die Herkunft des Rohmetalls zu bestimmen. So konnte schließlich festgestellt werden, aus welchen Bergbauregionen das Kupfer kam und wie es mit Zinn zu Bronze wurde. Goldanalysen sollten weitere wichtige Informationen zum Metallhandel bringen. Die Goldfunde wurden mittels transportabler Laser Ablation minimalinvasiv beprobt und dann ebenfalls am Curt Engelhorn Zentrum für Archäometrie Mannheim mittels Massenspektrometer analysiert. So können die Wissenschafter*innen nachvollziehen, aus welchen Metallkreisläufen das Gold bezogen wurde und ob es z.B. mit Gold aus dem am Nordufer des Hallstätter Sees gelegenen Arikogel Golddepot chemisch vergleichbar ist.
Auf diese Materialanalysen wird nun eine detaillierte Auswertung zur Kontextualisierung der Ergebnisse folgen. »Mittels dieser Analysen haben wir nun erstmals die Möglichkeit, die vorhandenen Erkenntnisse zu den komplexen Handelsstrukturen der Hallstätter Bergleute um wichtige Punkte zu erweitern«, beschreibt Mehofer.
Die Metallfunde selbst kommen aus Gräbern. »Diese Grabfunde aus Hallstatt in Oberösterreich zählen zu den bedeutendsten archäologischen Funden weltweit«, so Mehofer. Die Entdeckung dieses mit spektakulären Beigaben ausgestatteten Gräberfeldes nahe des Salzbergbaus führte schließlich sogar zur Benennung einer gesamten prähistorischen Kulturepoche − der Hallstattzeit (ca. 8. bis 5. Jahrhundert. v.Chr.). »Man kann annehmen, dass die Arbeit im Salzbergwerk Hallstatt und der damit verbundene Bedarf an Zinnbronzewerkzeugen einen ständigen Zustrom von Rohmetall aus den umliegenden Bergbauregionen hervorrief«, erklärt Mehofer. Darüber hinaus begünstigte die Intensität des Austausches, bedingt durch den Bedarf an Salz bzw. durch Salz konserviertes Fleisch, den Aufbau von Fernkontakten. Auf ein solches Netzwerk deuten auch edle Metallgegenstände im Gräberfeld – wie etwa mit Elfenbeingriffen mit Bernsteineinlage versehene Eisenschwerter – hin.