Was für sich für den Laien lediglich wie schwache Schatten im Erdboden aussieht, enthält für die Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen wichtige Informationen. Es sind die einzigen, die bislang in Westfalen in diesem Umfang für diese Epoche dokumentiert werden konnten. Eine weitere Besonderheit des Fundortes in Warburg-Hohenwepel ist der unmittelbare Zusammenhang von Siedlung und Gräberfeld. Bereits vor Jahren konnten die Archäologen im Erdboden zahlreiche Zeugnisse des alltäglichen Siedlungslebens der ersten Bauern in dieser Region dokumentieren. Mit der Entdeckung des Gräberfelds im Jahr 2011 hat sich ein Kreis geschlossen.
Der Boden und die jahrtausendelange Beackerung der Erde haben binnen 7.000 Jahren vieles zerstört. »Durch den starken Entkalkungsgrad des Bodens waren kaum noch Knochen erhalten, höchstens noch die starken Knochen der Gliedmaßen«, schildert Grabungsleiter Dr. Hans-Otto Pollmann.
In fast allen Gräbern waren noch einige Zähne, hier insbesondere der Zahnschmelz, erhalten. Die meisten Bestattungen enthielten außerdem Beigaben wie besondere Beilformen, die als Dechsel bezeichnet werden, verschiedene Keramikgefäße und in Einzelfällen auch Feuersteingeräte. Die Archäologen können damit die Lage der Bestatteten in ihren Gräbern rekonstruieren und erfahren aus den Knochen vieles über Ernährungsweisen, Alter oder Lebensumstände wie Krankheiten.
Auf einer Fläche von 800 Quadratmetern konnten in der jetzt auslaufenden Grabungssaison 40 Gräber dokumentiert werden. Insgesamt untersuchten die Forscher bislang rund 100 Bestattungen auf knapp 2.000 Quadratmetern. »Die Zahl der zerstörten Bestattungen liegt um mehr als das 7-Fache höher«, vermutet Dr. Hans-Otto Pollmann. Insgesamt dürfte das Gräberfeld eine Fläche von ca. 3.000 bis 4.000 Quadratmetern umfassen und ursprünglich weit mehr als 1.000 Bestattungen beherbergt haben. Es soll in den kommenden Jahren komplett untersucht werden.
Aufmerksam geworden waren die Archäologen bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren auf den Fundort. Damals hatte die Archäologische Arbeitsgemeinschaft von Warburg auf einer kleinen Fläche mehr als 70 Beile an der Erdoberfläche entdeckt und gesammelt. Die so genannten Deichsel waren durch die Beackerung des Bodens ans Tageslicht gekommen. Diese Häufung an Funden ließ auf ein Gräberfeld der Linienbandkeramischen Kultur schließen. Aufgrund der fortschreitenden Zerstörung durch die landwirtschaftliche Bearbeitung des Bodens wurden die archäologischen Ausgrabungen unumgänglich. Damit sollen die Zeugnisse der Vergangenheit vor der endgültigen Zerstörung bewahrt und das einzige Gräberfeld dieser Epoche in Westfalen für die Nachwelt wissenschaftlich dokumentiert werden.
2011 schließlich sondierten die Archäologen zirka. 200 Meter westlich der Siedlung die Erdoberfläche. Sie erfassten auch hier eine auffällige Konzentration von Oberflächenfunden. Das war der Anfang der Entdeckung des ersten Gräberfeldes aus der Linienbandkeramischen Kultur.
Die Linienbandkeramische Kultur hat ihren Namen von der Keramik, die in dieser Epoche besonders beliebt war. Becher und Krüge trugen markante Verzierungen von Linienbändern. Die Menschen in Mitteleuropa veränderten in dieser Zeit um 5.000 v. Chr. ihre Lebensweise elementar: Sie wurden sesshaft, betrieben Ackerbau und Viehzucht. In Warburg-Hohenwepel gründeten die ersten Bauern und Viehzüchter eine mit mehreren Gräben befestigte Siedlung und bewirtschafteten die Äcker. Unweit der rund zwölf Hektar großen Siedlungsfläche liegt das Gräberfeld, das seit 2011 untersucht wird.