Die heute nur noch in Resten vorhandene Kirche der Franziskaner, die im 3. Viertel des 13. Jahrhunderts errichtet worden ist, war ab 1273 Grablege der Wittenberger Askanier, deren Linie 1422 erlosch. Insgesamt 29 Bestattungen aus der herzoglichen Familie sollen hier ehemals vorhanden gewesen sein. Viele von ihnen waren infolge der zahlreichen Umbauarbeiten (u.a. zu einem Kornhaus und einer Kaserne) und anderer Zerstörungen verschwunden, als 1883 Georg von Hirschfeld in der Klosterkirche Ausgrabungen durchführte. Die Gebeine derjenigen Toten, die er für zur herzoglichen Familie gehörend hielt, ließ er in die Schlosskirche umbetten. Dazu gehörten angeblich auch die Knochen Herzog Rudolfs II. und seiner Frau Elisabeth. Die Grabplatte der beiden und ihrer Tochter war bereits um 1540 durch Melanchton in die Wittenberger Schlosskirche verbracht worden und befindet sich noch heute an der Südwand des westlichen Jochs. Die damals von Hirschfeld umgebetteten Knochen verschwanden während des 2. Weltkriegs aus ihrer Gruft in der Vorhalle. Die Ergebnisse der derzeitigen Ausgrabungen zeigen, dass der Grabungsplan von Hirschfeld ganz offensichtlich nicht mit den tatsächlich von ihm durchgeführten Ausgrabungen und auch nicht mit dem Befund vor Ort übereinstimmt.
Bei den nun vorgenommenen systematischen Ausgrabungen in der Kirche ist im östlichen Bereich eine gemauerte Gruft freigelegt worden, in der insgesamt drei Individuen, ein Mann und zwei Frauen, in Holzsärgen bestattet wurden. Der Mann ist aufgrund der Beigabe eines großen herzoglichen Siegels, eines Schwertes und aufgrund von Aufzeichnungen in einem so genannten Totenbuch als Kurfürst Rudolf II., Herzog von Sachsen-Wittenberg, geb. um 1307 und gestorben 1370, zu identifizieren. Von Interesse sind darüber hinaus Reste eines Schwertgehänges und von Textilien. Die von Georg von Hirschfeld veröffentlichten Aussagen über seine Ausgrabungen sind unvollständig und müssen korrigiert werden.
Rudolf II. folgte seinem Vater Rudolf I. im selben Jahr 1356 auf den Thron, in dem durch Kaiser Karl IV. in der Goldenen Bulle die Kurfürstenwürde verbindlich an die Herzöge von Sachsen verliehen wurde. Seitdem hatte der Herzog von Sachsen das Erzmarschallamt inne, ein zeremonielles Amt am Hof des römisch-deutschen Kaisers. Rudolf II. nannte sich selbst 1370 princeps elector, d.h. »Kurfürst«. Rudolf II. gehörte zu den bedeutendsten mittelalterlichen Herrschern auf dem Gebiet des späteren Sachsen-Anhalt.