An der nordwestlichen Küste der Kara Dag Halbinsel (Türkei – Provinz Izmir – Landkreis Dikili) liegen beim modernen Ort Bademli die Ruinen der antiken Stadt Kane. Historische Bedeutung erlangte der Ort, als die Römer 191/190 v. Chr. im Krieg mit Antiochos III. dort mit ihrer Flotte überwinterten. Unmittelbar südwestlich fand im Jahr 406 v. Chr. die berühmte Seeschlacht bei den Arginusen-Inseln statt, in der sich die Athener zwar gegen ihre spartanische Gegner durchsetzen konnten, die siegreichen Feldherren später aber wegen unterlassener Hilfeleistung für die Schiffbrüchigen zum Tode verurteilt wurden.
Während die Lokalisierung der Stadt Kane anhand von Bauresten und Konzentrationen antiker Keramik unstrittig ist, bereitet die Zuschreibung der Arginusen-Inseln Schwierigkeiten. So spricht der antike Geograph Strabon, der um die Zeitenwende lebte, von drei Inseln. Seine Angaben lassen sich auf die Inseln Garip Adasi und Kalem Adasi beziehen, während die dritte Insel bislang nicht überzeugend identifiziert werden konnte. Dies ist nun gelungen: In einem Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts konnten Geoarchäologen der Universität Köln mit Hilfe von Tiefbohrungen feststellen, daß die antike Stadt Kane ursprünglich auf einer Insel lag. Damit wird zugleich eine Angabe des Schriftstellers Diodor (1. Jahrhundert v. Chr.) bestätigt, nach dem sich auf einer der Inseln eine kleine Stadt befand. Wie die Karten und Beschreibungen des osmanischen Admirals und Kartographen Piri Reis (16. Jahrhundert) zeigen, war die Verbindung zwischen der dritten Insel und dem Festland zu seiner Zeit bereits nicht mehr vorhanden.
Die Auswertung von Proben aus den Tiefbohrungen soll eine präzise Chronologie der Verlandung des Sunds ergeben. Die Forschungen sind Teil eines Projektes zur Rekonstruktion des antiken Hafennetzwerkes an der Küste der Kara Dag-Halbinsel, das im Rahmen des Rome's Mediterranean Ports Advanced Grant des European Research Council durchgeführt wird. Bislang konnte der Aufbau der Häfen von Kane rekonstruiert und daraus die Bedeutung der Stadt als lokalem Handelsplatz und Zwischenstop auf der wichtigen Route zwischen Lesbos und Edremit (Adramytteion) im Norden und Elaia (Zeytindag), dem Haupthafen Pergamons, im Süden erschlossen werden. Weitere Untersuchungen gelten römischen Thermalbädern mit Meereszugang und den antiken Töpfereien auf der Halbinsel von Pitane (Çandarli). An dem Projekt sind Archäologen, Althistoriker, Geographen, Geodäten und Geophysiker der Universitäten Izmir, Karlsruhe, Manisa, München, Kiel, Köln, Rostock und Southampton beteiligt.