Frühester moderner Europäer war Opfer einer Gewalttat

Täter war Linkshänder

Der etwa 40 Jahre alte Mann, dessen 1942 in der rumänischen Cioclovina-Höhle gefundene Schädel als eines der frühesten Zeugnisse des modernen Menschen in Europa gilt, starb keines natürlichen Todes. Wie neueste Untersuchungen zeigen, sind die Risse, die der 33.000 Jahre alte Schädelfund aufweist, nicht wie bislang angenommen durch Verwitterungsprozesse entstanden, sondern die Folge eines tödlichen Schlages mit einer Keule.

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Cioclovina 1 Schädelfraktur
Die in dieser Ansicht des Schädels »Cioclovina 1« von rechts oben deutlich erkennbare Fraktur entstand durch einen Keulenschlag. Foto: Kranioti, Grigorescu, Harvati / doi.org/10.1371/journal.pone.0216718.g001

Zwei kleine Narben und eine größere Fraktur verlaufen über den 33.000 Jahre alten Frühmenschen-Schädel, der in der rumänischen Cioclovina-Höhle gefunden wurde. »Bislang ist man davon ausgegangen, dass diese Risse nach dem Tod, als Folge von Verwitterungsprozessen, entstanden sind«, erklärt Prof. Dr. Katerina Harvati vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen und fährt fort: »Wir haben das männliche Fossil nun mit modernen forensischen Methoden untersucht und können eine Entstehung dieser Frakturen nach dem Ableben ausschließen.« 

Vielmehr schlussfolgern Harvati und ihre Kolleg*innen Dr. Elena F. Kranioti von der Universität Kreta und Prof. Dr. Dan Grigorescu von der Universität Bukarest, dass der fossile Vertreter der frühesten modernen Menschen in Europa Opfer einer Gewalttat wurde. »Sowohl unsere forensische Knochentrauma-Analyse als auch experimentelle Modelle zeigen, dass die Frakturen von zwei Vorfällen stumpfer Gewalt herrühren – der zweite eindeutig mit einem keulenartigen Objekt!« Das Ausmaß der Verletzungen sowie die fehlenden Anzeichen einer Heilung weisen auf einen Schlag mit Todesfolge hin.

Das Team rund um die Tübinger Wissenschaftlerin kann sogar nähere Auskünfte über den Tathergang geben: Das Muster der Fraktur deutet darauf hin, dass sich Opfer und Angreifer frontal gegenüberstanden und der Schlag mit der linken Hand ausgeführt wurde. »Eventuell wurde das Opfer auch in einer knienden Position von einer Art Knüppel getroffen«, erläutert die Forensische Anthropologin Kranioti und ergänzt: »Wir gehen hier von einem persönlichen Konflikt aus, der mit Gewalt und wahrscheinlich sogar mit dem Tod endete.« 

Das Altpaläolithikum ist für technologische Innovationen, kulturelle Komplexität und gesteigertes symbolisches Verhalten bekannt. »Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Verhalten der frühesten modernen Europäer aber auch gewalttätige Konflikte und sogar Morde beinhaltete«, schließt Harvati.

Publikation

Elena F. Kranioti, Dan Grigorescu, Katerina Harvati

State of the art forensic techniques reveal evidence of interpersonal violence ca. 30,000 years ago

PLOS ONE. 03.07.2019
DOI: 10.1371/journal.pone.0216718
https://journals.plos.org/plosone/articl...