Gewinne aus illegalem Handel mit Kulturgütern sind nach Einschätzung internationaler Organisationen ein wichtiges Standbein organisierter Kriminalität. Deutschland ist dabei gegenwärtig ein bedeutender Markt- und Transitstaat. Bislang war es nicht möglich, effektive Strategien zur Kriminalitätsbekämpfung zu entwickeln, da es kaum belastbare Zahlen zum Umfang des Handels gab. Abhilfe soll nun das von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT), Darmstadt, und GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim, initiierte Projekt ILLICID ("Verfahren zur Erhellung des Dunkelfeldes als Grundlage für Kriminalitätsbekämpfung und -prävention an Beispiel antiker Kulturgüter") schaffen.
In einer Pilotstudie sollen effiziente Verfahren und Instrumente zur Erhebung, Dokumentation und Analyse von Informationen über den illegalen Handel mit Kulturgut in Deutschland entwickelt und erprobt werden. Vor dem Hintergrund der jüngsten politischen Entwicklungen im Irak und in Syrien konzentriert sich die Studie besonders auf den dynamischen Handel mit antiken Kulturgütern aus dem östlichen Mittelmeerraum. Prof. Dr. Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und Verbundkoordinator von ILLICID, erläutert: "Das Projekt hat angesichts der Resolution 2199 des UN-Sicherheitsrates vom 15. Februar 2015 nochmals an Dringlichkeit und Bedeutung gewonnen. Da die Resolution die Mitgliedstaaten auffordert, Maßnahmen gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern aus Irak und Syrien zu ergreifen, zeigt sie deutlich, wie wichtig es ist die wissenschaftlichen Grundlagen für solche Maßnahmen in Deutschland zu legen."
Neben der umfassenden Erhebung von Daten und der Entwicklung von Verfahren zur Dunkelfeldforschung hat das Projekt auch zum Ziel, einen Praxisleitfaden mit Handlungsempfehlungen für Akteure im Bereich des Kulturgüterhandels zu entwickeln. Relevante Zwischenergebnisse sollen noch in die anstehende Novellierung des Kulturgutschutzrechts in Deutschland einfließen, die derzeit von der Kulturstaatsministerin vorbereitet wird.
Da es bislang an einer systematischen Dokumentation über legal und illegal gehandeltes Kulturgut mangelt, wird im Rahmen von ILLICID auch eine Datenbank eingerichtet, in der beispielsweise verdächtige Auktionen gespeichert werden. Ermittler sollen diese Quelle künftig über eine App abrufen können. Für das Vorhaben ist ein bislang einmaliges multidisziplinäres Forschungsdesign notwendig, das wissenschaftliche Kompetenzen aus der Empirischen Sozialwissenschaft, der Informationswissenschaft und -technologie sowie den Altertumswissenschaften verknüpft.
Das Vorhaben ILLICID wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms "Forschung für die zivile Sicherheit II" im Themenbereich "Zivile Sicherheit – Schutz vor organisierter Kriminalität" mit insgesamt 1,2 Mio. Euro gefördert. Es soll mehr Wissen über das Potenzial und die Finanzierung organisierter krimineller Gruppen ermöglichen und über mittelfristige Bedrohungsszenarien aufklären. ILLICID soll dazu dienen, bessere Instrumente und Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung und -prävention zu entwickeln. Damit verbunden ist eine stärkere internationale Profilierung Deutschlands auf dem Gebiet des Kulturgüterschutzes und im Vorgehen gegen den illegalen, grenzüberschreitenden Handel mit Kulturgut. Zu den assoziierten Partnern des Projekts zählen das Auswärtige Amt, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundeskriminalamt sowie das Zollkriminalamt Köln.