Bei anderen Baumaßnahmen wäre eine punktuelle Begutachtung des Befundes ausreichend gewesen, danach hätte man die originalen Befunde abgedeckt und unter dem neuen Bauwerk erhalten. Unter einer Bundesstraße ist das jedoch nicht möglich. Die mittelalterlichen Bohlenwege sind im Untergrund nicht tragfähig genug, um die Verkehrslasten aufnehmen zu können. Die Folge wären hier nach kurzer Zeit gravierende Schäden an der neuen Straße – die alten Bohlenwege müssen raus! Für die Archäologen entsteht nun die Schwierigkeit, so schnell wie möglich alle Befunde zu dokumentieren, bevor sie zerstört werden. Der gute Erhaltungszustand macht das aber dringend erforderlich, lässt sich doch anhand der mehrphasigen mittelalterlichen Straße und mit Hilfe der Jahrringchronologie Wesentliches über die frühe Stadtentwicklung aussagen.
Das Fundmaterial von den Holzstraßen ist durchweg mittelalterlich. Besonders hervorzuheben ist eine Bartaxt, die sicher der Holzbearbeitung diente und vielleicht sogar beim Bau der Straße eingesetzt wurde. Das Bruchstück eines Wagenrades verwundert auf einer Straße nicht. Derartige Funde sind aber insgesamt sehr selten. Sie zeigen die guten Erhaltungsbedingungen vor Ort.
Jüterbog ist vor über 1.000 Jahren erstmals in den historischen Quellen erwähnt worden. Seit mindestens 1160/61 ist die Existenz einer Burg belegt, die Stadt selbst mit Stadtrecht seit 1174. Somit ist Jüterbog eine der ältesten mittelalterlichen Städte Brandenburgs und noch heute lässt sich die mittelalterliche Geschichte an zahlreichen Backsteinbauten ablesen. Die Archäologie kann jedoch wichtige weitere Informationen zur Stadtgeschichte beitragen, besonders dann, wenn gute Datierungsmöglichkeiten bestehen. Das ist bei Holzbefunden in den brandenburgischen Städten immer zu erwarten.
Ein Bohlenweg ist meist – wie auch jetzt in Jüterbog – mehrphasig. Werden genügend Dendrodaten von möglichst vielen Hölzern gewonnen, kann der erste Ausbau der Straße genauso datiert werden, wie Reparaturen und Neuausbauten. Diese Daten lassen sich dann in die Stadtgeschichte einordnen und ergänzen sich mit Daten aus den Schriftquellen. Aus diesem Grund muss ein Befund wie der unter der B 102 genau dokumentiert werden, wenn er einem Straßenbau weichen muss. Die Archäologen bemühen sich dabei, so schnell wie möglich zu arbeiten. Das Referat Großvorhaben des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums hat deshalb in Abstimmung mit der Stadt das Grabungsteam aufgestockt, um die Bauarbeiten an der Straße nicht zu verzögern.