Erstmals Hinweis für Einbalsamierung im römischen Griechenland

Ein schweizerisch-griechisches Forscherteam hat erstmals Hinweise gefunden, dass auch im römischen Griechenland Leichname einbalsamiert wurden.

Mit physikalisch-chemischen und histologischen Methoden konnten die Forscher nachweisen, dass bei der Bestattung einer ungefähr 55-jährigen Frau in Nordgriechenland diverse Harze, Fette, Öle und Gewürze verwendet wurden. Dies ist der erste multidisziplinär-basierte Hinweis für eine künstliche Mumifizierung um 300 nach Christus in Griechenland.

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Balsamierter Schädel
Sichtbare braune Wimpern und diverse Weichteilreste am Schädel (Foto: C. Papageorgopoulou)

Die sterblichen Überreste einer ungefähr 55-jährigen Frau, die vermutlich aus der sozialen Oberschicht stammt, wiesen diverse Weichteile, Haare und Teile eines goldbestickten Seidengewandes auf. Dieser einmalige Fundzustand ermöglichte die multidisziplinäre Forschung an diesen Geweben. Neben makroskopischen und anthropologischen Analysen wurden unter anderem elektronenmikroskopische und gaschromatographisch-massenspektrometrische Untersuchungen durchgeführt. Dabei fanden die Wissenschaftler diverse Einbalsamierungssubstanzen wie zum Beispiel Myrrhe, Fette und Harze, jedoch kaum einen konservatorischen Einfluss durch den umgebenden Bleisarg aus römischer Zeit. Diese Befunde ermöglichen es, das Wissen über die Verwendung von gewebserhaltenden, anti-bakteriellen und anti-oxidativen Substanzen beim Totenkult im römischen Griechenland wesentlich zu erweitern.

"Noch nie konnten für diese Zeitperiode in Griechenland solche Einbalsamierungssubstanzen nachgewiesen werden", erklärt Christina Papageorgopoulou, Studieninitiantin und Assistentin am Anatomischen Institut der Universität Zürich. Bisher war nur aufgrund von historischen schriftlichen Quellen vermutet worden, dass auch im römischen Griechenland möglicherweise ausgewählte Personen einbalsamiert wurden.

"Dank der Mumienforschung an der Universität Zürich ist dies ein weiterer wichtiger Erkenntnisgewinn für die Gesellschaft und die Geschichtswissenschaften", sagt Dr. Rühli, Leiter des Swiss Mummy Projects. Die aktuelle Arbeit, die in der renommierten Archäologie-Fachzeitschrift "Journal of Archaeological Science" online erschienen ist, ist zusammen mit einem griechischen Kollegen von der Demokritus Universität Thrace durchgeführt worden. Dabei konnte auf die Infrastruktur der Universität Zürich im Zentrum für Mikroskopie sowie im Institut für Rechtsmedizin zurückgegriffen werden.

Die Anwendung modernster analytischer naturwissenschaftlicher Verfahren bringt einen enormen Erkenntnisgewinn gerade auch für die Archäologie und weist auf die mögliche zukünftige Zusammenarbeit von Geistes- und Naturwissenschaftern hin. "Dieser transdisziplinäre Ansatz ist besonders in der Mumienforschung wünschenswert und wird von unserer Wissenschaftsgruppe ausdrücklich gepflegt", betont Dr. Rühli.

 

Swiss Mummy Project

Ziel des Swiss Mummy Projektes ist es, mit möglichst modernen, oft nicht-invasiven (nicht Gewebe-zerstörenden) Methoden Informationen zu Leben, Sterben und nach dem Tod entstandenen Veränderungen (beispielsweise Einbalsamierungen) an historischen Mumien festzustellen. Die Arbeiten des Swiss Mummy Projekts werden unterstützt unter anderem durch den Schweizerischen Nationalfonds und den Forschungskredit der Universität Zürich.

 

Weichteilreste an Lendenwirbelsäule
Schwärzliche Weichteilreste an der Lendenwirbelsäule (Foto: C. Papageorgopoulou)