Erste Bilanz zum Abschluss der Grabungsarbeiten am Ringheiligtum Pömmelte

Im September 2022 finden die Geländearbeiten um das Ringheiligtum Pömmelte, das »deutsche Stonehenge« an der Elbe, ihren vorläufigen Abschluss. Nach der vollständigen Ausgrabung und Wiedererrichtung des über 4.000 Jahre alten Ringheiligtums stand die Erforschung des Umfelds dieses ebenso faszinierenden wie bedeutenden prähistorischen Monuments im Fokus der Archäologen. Nach zuletzt fünf erfolgreichen Jahren Grabungstätigkeit und insgesamt über 10.000 Befunden kann eine erste Bilanz gezogen werden.

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Ringheiligtum Pömmelte mit Grabungsfläche 2022
Luftbild der aktuellen Grabungsfläche östlich des Ringheiligtums von Pömmelte (Blick nach Südosten). Foto © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Matthias Zirm

Seit der Entdeckung im Luftbild und der Aufnahme der Grabungsarbeiten im Jahr 2005 wurden in und um die Ringheiligtümer Pömmelte und Schönebeck (beide Salzlandkreis) bislang 133.600 Quadratmeter Fläche archäologisch untersucht. Der größte Teil entfiel dabei auf das 2018 initiierte Forschungsprojekt »Erforschung der Rituallandschaft um Pömmelte«, dessen jährliche Grabungskampagnen großzügig durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und das Land Sachsen-Anhalt gefördert wurden. An den Geländearbeiten wirkten über die Jahre neben Studierenden der Universitäten Halle (MLU) und Southampton auch angehende Archäologen aus Leiden und Leipzig mit. Zahlreiche Wissenschaftler anderer Disziplinen unterstützen das Grabungsteam bei der geologischen Aufnahme (Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt), mit bodenchemischen Untersuchungen (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) oder mit bildgebenden Verfahren (Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt).

Zu Beginn der diesjährigen Kampagne wurde in interdisziplinärer Geländearbeit zunächst das 2011 noch im Boden belassene, letzte Viertel des benachbarten Ringheiligtums Schönebeck untersucht. Damit sind auch auf dieser Fläche die Geländearbeiten vorerst abgeschlossen.

Die spektakulären und oft unerwarteten Befunde der letzten Jahre stellen eine wertvolle Basis für die weitergehende wissenschaftliche Erforschung einer Schlüsselregion der mitteleuropäischen Vorgeschichte dar. »Die wissenschaftliche Auswertung wird nicht nur dazu beitragen, zu verstehen, wie unsere Vorfahren vor etlichen Tausend Jahren gelebt und ihre Umwelt gestaltet haben«, so der Präsident des Landtags von Sachsen-Anhalt, Dr. Gunnar Schellenberger, »zugleich lässt sich aus den wissenschaftlichen Ergebnissen reiches Potenzial für die weitere touristische Erschließung von Pömmelte bis Schönebeck schöpfen.«

Ziel der Grabungen der letzten fünf Jahre war es, die beiden über 4.000 Jahre alten Ringheiligtümer in ihrem kultur- und naturräumlichen Kontext verstehen zu können. Dazu wurde die eiszeitliche Niederterrasse der Elbaue großflächig mit verschiedenen Prospektionsmethoden und gezielten Grabungsschnitten untersucht. Obwohl die detaillierte Auswertung und Vorlage der Befunde und Funde noch aussteht und für die kommenden Jahre geplant ist, lässt sich bereits jetzt ein schlüssiges Bild skizzieren:

Die Nutzung des Standorts als »Kultplatz« setzt mit der Schnurkeramischen Kultur (ab frühestens 2.800 vor Christus) ein. Singulär ist hier die Kombination aus rituellem (?) Monument, Gräbern und einem nun neu entdeckten Produktionsareal. Eine Doppelofengrube, deren Nutzung als Darre am wahrscheinlichsten ist, liegt inmitten einer Batterie aus fast fundleeren Gruben von teils beträchtlichem Ausmaß. Diese Gruben könnten einst das Dörr-Gut aufgenommen oder eventuell auch zum Keimen von Getreide gedient haben. Malz beispielsweise wird noch heute durch das Keimen unter Wasserzufuhr und anschließendes Trocknen auf der Darre gewonnen.

Im 25. Jahrhundert vor Christus belegten Träger der Glockenbecherkultur das Areal. Sie errichteten um 2.350 vor Christus das Ringheiligtum in Pömmelte, siedelten direkt im Süden der Anlage und begannen damit, ihre Verstorbenen in kleinen Gräberfeldern zu bestatten. Perlschnurartig reihen sich die Gräber entlang der Wege, die aus der Siedlung hinaus führen.

Eine weitere von Süd nach Nord verlaufende »Gräberstraße« wurde nun am Ostende der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Siedlung (ab circa 2.200 vor Christus) freigelegt. Die Bestattungen liegen jenseits der sporadischen Hausgrundrisse. Damit ist im Osten wohl das Ende der mit mindestens 109 gut erhaltenen Hausgrundrissen größten frühbronzezeitlichen Siedlung Mitteleuropas erreicht. Am westlichen Ende der Untersuchungsfläche wurde in diesem Jahr zwar ein weiteres Aunjetitzer Gebäude freigelegt, doch auch hier stehen die Gebäude lose, und eine Siedlungsbestattung kann ebenfalls als Indikator für die Siedlungsgrenze gewertet werden. Im vergangenen Jahr wurden vier vergleichbare Bestattungen in Siedlungsgruben am südlichen Rand der Niederterrasse ergraben.

Warum Ringheiligtum und Wohnplatz um spätestens 1.900 vor Christus aufgegeben wurden, kann auf Basis der Befunde in Pömmelte derzeit nicht beantwortet werden. Sicher aber ist, dass die Aunjetitzer Fürsten im Süden ihres Einflussgebietes genau zu diesem Zeitpunkt im Zenit ihrer Macht standen.

Aunjetitzer Hausgrundriss
Östlichster Hausgrundriss der Aunjetitzer Kultur. Damit ist wohl auch hier das Ende der größten frühbronzezeitlichen Siedlung Mitteleuropas erreicht. Foto © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Matthias Zirm
Darre
Darre des 3. Jahrtausends vor Christus (Ofengrube mit Doppelkammer). In der rechten verziegelten Grube wurde angeheizt. Aufschluss über das einstige Dörr-Gut werden hoffentlich archäobotanische Untersuchungen liefern. Foto © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Matthias Zirm
Fundfreie Grube
Riesige, aber fundfreie Grube, die vielleicht einst zum Vorkeimen von Getreide genutzt wurde. Foto © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Niklas Bormann