Die Erkenntnisse der Archäologen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) passen perfekt zum Thema der archäologischen Landesausstellung, die unter dem Titel "Revolution Jungsteinzeit!" aktuell in Bonn und ab Sommer im LWL-Freilichtmuseum in Detmold eine der wichtigsten Phasen der Menschheitsgeschichte dokumentiert. Die Menschen errichteten in dieser Epoche der Linearbandkeramik erstmals feste Häuser, wurden sesshaft, bauten Getreide an und sorgten zusätzlich mit Viehwirtschaft für ihre Lebensgrundlagen. Auch in Werl siedelten sich die Menschen in dieser Zeit an, wie die jetzt beendeten Ausgrabungen auf der 90.000 Quadratmeter großen Fläche zeigen.
Unter der Leitung des Archäologen Dr. Georg Eggenstein legte das Team seiner Grabungsfirma Gruben für Holzpfosten, Vorrats- und Abfallgruben und mehrere Gräben im Boden frei. Diese Gräben sind deshalb ungewöhnlich, weil sie zwar nur bis zu einen Meter breit und wenige Meter lang waren, aber mit bis zu 1,70 Metern in erstaunlichem Ausmaß in die Tiefe reichten. "Diese Gräben verliefen in Nordwest-Südost-Ausrichtung und werden wohl in Verbindung mit den Gebäuden gestanden haben, die hier vor über 7.000 Jahren gebaut wurden", erläutert Eggenstein. "Insgesamt konnten hier 200 Befunde im Boden dokumentiert werden, deren Spuren sich direkt unterhalb des Ackerbodens als dunkle Verfärbungen im Boden abzeichneten", schildert Archäologe Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Olper Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen. "Das sind tolle Ergebnisse, die unser Bild von der Besiedlung der Region im Neolithikum wertvoll ergänzen."
Weitere archäologische Funde stammen aus anderen Epochen. So wurde das Gelände rund 1.000 Jahre vor Christus als Friedhof genutzt. In dieser Epoche, die als Bronzezeit bezeichnet wird, verbrannten die Menschen ihre Toten. Entsprechend dokumentierten die Archäologen mit dem sogenannten Leichenbrand verbrannte Knochen in den Gräbern. Allerdings war der Erhaltungszustand nicht besonders gut und es konnten nur einzelne Gräber untersucht werden.
Ungewöhnlich ist ein Fund, der erst 300 bis 400 Jahre alt ist. Am Boden einer großen Grube sind deutliche Hitzespuren erhalten geblieben. Offenbar wurde diese Grube zur Zeit der Landsknechte als Feuerstelle benutzt. Ebenfalls in der Nähe entdeckt worden ist bereits im Vorfeld der Ausgrabungen ein Zapfhahn aus Bronze. Ein Forscher mit Metalldetektor hatte das Objekt im Boden aufgespürt. Offenbar haben es sich die Menschen, die sich hier am Feuer niedergelassen haben, mit der aus dem Zapfhahn gewonnenen Flüssigkeit in ihren Bechern recht gut gehen lassen. Die Reinigung und archäologische Untersuchung der Funde werden in den nächsten Monaten die Erkenntnisse über diese Menschheitsepochen noch bereichern.
Die Ausgrabungen der Archäologen waren an dieser Stelle notwendig geworden, da der Bau eines Autohauses tiefe Eingriffe in den Boden und das hier bereits im Vorfeld festgestellte Bodendenkmal erforderlich macht. Schon 2011 waren bei einem Neubau in diesem Bereich umfangreiche Siedlungsspuren aus der Zeit der Linearbandkeramik bei Ausgrabungen entdeckt worden. 2015 zeigten Stichproben auf dem geplanten neuen Baugrundstück, dass sich der Siedlungsplatz auch hier fortsetzt, was die Wissenschaftler auch für das direkte Umfeld erwarten. Die Archäologen dokumentierten im Vorfeld der Bauarbeiten im Januar und Februar deshalb mit ihren Ausgrabungen auch diese wertvollen Spuren der Vergangenheit im Boden, damit sie für künftige Generationen erhalten bleiben. Die archäologischen Zeugnisse würden sonst durch die Bauarbeiten unwiederbringlich verloren gehen.