Letztes Jahr berichtete ein Forscherteam unter der Leitung von Forschern des Nationalen Instituts für Archäologie mit Museum der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, Deutschland, über die Entdeckung moderner menschlicher Überreste, die in direktem Zusammenhang mit Steinwerkzeugen aus dem frühen Jungpaläolithikum an der Fundstelle der Bacho-Kiro-Höhle in Bulgarien gefunden wurden. Die ältesten Individuen in der Höhle wurden mittels Radiokarbon-Datierung auf die Zeit vor 43.000 bis 46.000 Jahren geschätzt. Sie sind damit die früheste bekannte Ausbreitung des modernen Menschen über die mittleren Breiten Eurasiens.
Mateja Hajdinjak und ihre Kollegen haben nun die Genome von fünf Individuen sequenziert, die in der Bacho-Kiro-Höhle gefunden wurden. Vier Individuen sind zwischen 43.000 bis 46.000 Jahre alt und wurden zusammen mit Steinwerkzeugen gefunden, die zum frühen Jungpaläolithikum gehören, der frühesten Kultur, die mit modernen Menschen in Eurasien in Verbindung gebracht wird. Ein weiteres in der Höhle gefundenes Individuum ist etwa 35.000 Jahre alt und wurde mit Steinwerkzeugen eines späteren Typs gefunden. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Vertreter des anfänglichen Jungpaläolithikums ausstarben, ohne genetisch zu den später eintreffenden modernen Menschen beizutragen. Die Forscher zeigen nun jedoch, dass die ältesten Individuen aus der Bacho-Kiro-Höhle, oder mit ihnen eng verwandte Gruppen, Gene zu den heutigen Menschen beigetragen haben. Überraschenderweise findet sich dieser Beitrag vor allem in Ostasien und Amerika und nicht in Europa, wo die Menschen aus der Bacho-Kiro-Höhle lebten. Diese genetischen Verbindungen nach Asien spiegeln die Verbindungen zwischen den anfänglichen jungpaläolithischen Steinwerkzeugen und den persönlichen Schmuckstücken, die in der Bacho-Kiro-Höhle gefunden wurden, und den Werkzeugen und dem antiken Schmuck, die in ganz Eurasien bis zur Mongolei gefunden wurden, wider.
Wichtig hierbei ist, dass das spätere 35.000 Jahre alte Individuum, das auch in der Bacho-Kiro-Höhle gefunden wurde, zu einer Gruppe gehörte, die sich genetisch von den früheren Bewohnern der Höhle unterschied. Dies zeigt, dass die früheste Geschichte des modernen Menschen in Europa turbulent gewesen sein könnte und Bevölkerungsaustausch beinhaltete.
Die frühesten Menschen in der Bacho-Kiro-Höhle lebten zu einer Zeit, als es noch Neandertaler gab. Die Forscher scannten daher ihre Genome nach Fragmenten von Neandertaler-DNA. "Wir fanden heraus, dass die Individuen aus der Bacho-Kiro-Höhle einen höheren Anteil an Neandertaler-Abstammung hatten als fast alle anderen frühen Menschen, mit Ausnahme eines rund 40.000 Jahre alten Individuums aus Rumänien. Entscheidend ist, dass der größte Teil dieser Neandertaler-DNA in extrem langen Abschnitten vorliegt. Das zeigt, dass diese Individuen Neandertaler-Vorfahren hatten, die etwa fünf bis sieben Generationen zurück in ihren Stammbäumen liegen", sagt Mateja Hajdinjak.
Obwohl bisher nur eine Handvoll Genome von modernen Menschen, die zur gleichen Zeit in Eurasien lebten wie die letzten Neandertaler, geborgen wurden, haben fast alle diese Individuen einen kürzlich vor ihnen lebenden Neandertaler-Vorfahren. "Die Ergebnisse legen nahe, dass sich die ersten modernen Menschen, die in Eurasien ankamen, häufig mit Neandertalern vermischt haben. Sie könnten sogar in den ansässigen Neandertaler-Populationen aufgegangen sein. Erst später kamen größere moderne Menschengruppen an und verdrängten die Neandertaler", sagt Svante Pääbo, der die genetischen Untersuchungen koordinierte.
Publikation
Initial Upper Palaeolithic humans in Europe had recent Neanderthal ancestry
Nature. 7.4.2021
DOI: 10.1038/s41586-021-03335-3