Im Inneren des jüngeren Gebäudes fanden die Wissenschaftler eine mehrfach erneuerte Herdstelle sowie eine Grube, in die dicht gepackt Scherben großer Gefäße eingebracht worden waren. Die großen Mengen absichtlich zerstörter Gefäße, die sich auch außerhalb des Gebäudes finden, lassen sich als Überreste von Bestattungszeremonien oder Ahnengedenkfeiern deuten. »Die Nähe der zeitgleichen Grabhügel lässt diesen Schluss zu«, so Carola Metzner-Nebelsick. Die unterschiedlichen Keramikstile verweisen zudem auf eine längere Belegungszeit der Nekropole. Als weiteres bislang einmaliges Merkmal werten die Forscher eine an mehreren Stellen des Hügels aufgedeckte Steinstruktur. Im Osten des Hügels konnte direkt unterhalb der Humusschicht eine wegartige Pflasterung aus Flusskieseln identifiziert werden, die sich als Prozessionsweg oder besonders hervorgehobener Zugang zum Gebäude interpretieren lässt.
Bemerkenswert ist zudem ein kleinerer, ebenfalls monumentaler Vorgängerbau in direkter Nähe zum jüngeren Gebäude. „Auch in diesem durch Brand zerstörten Gebäude wurde im Zentrum eine Feuerstelle entdeckt“, erläutert Carola Metzner-Nebelsick. „Die hier zelebrierten Rituale haben sich nach bisheriger Erkenntnis nicht von jenen der jüngeren Phasen unterschieden.“ Anfang August 2010 wollen die Forscher ihre Ausgrabungen fortsetzen, um insbesondere mehr über die vor Ort praktizierten Feste und Rituale zu erfahren. Das Phänomen ritueller Feste ist zwar für die Bronzezeit nicht neu. „Es ist aber in Südosteuropa oder auch Mitteleuropa bislang nicht gelungen, diese Feiern in einen räumlichen Kontext zu stellen oder in diesem Detail überhaupt begreifbar zu machen“, berichtet Carola Metzner-Nebelsick. Die Herausarbeitung der kulturellen Beziehungen ist ebenfalls Ziel der aktuell anstehenden Kampagne. „In diesem Sommer werden wir uns daher verstärkt der Klassifizierung der Keramik widmen, wir wollen wissen, ob sich über die Verteilung einzelner Funktionstypen der Keramik – also feines Ess- und Trinkgeschirr oder Vorratsgefäße und Haushaltsware – unterschiedliche Muster ergeben und ob die Gefäße vor Ort hergestellt wurden oder von außerhalb nach Lăpuş kamen, also möglicherweise ortsfremde Leute an den Feiern beteiligt waren.“
Schon heute zeichnet sich die große Bedeutung der Funde für das Verständnis bronzezeitlicher Rituale ab. „Erstmals ist es für Südosteuropa gelungen, monumentale Architektur ohne direkten Siedlungs- bzw. Wohncharakter und mit einer längeren Nutzungszeit außerhalb der zeitgleichen mykenischen Welt nachzuweisen“, berichtet die Archäologin. Gerade diese Gleichzeitigkeit mit den mykenischen Anlagen macht die Grabungen besonders interessant. Trotz bestehender Unterschiede im Vergleich zu den griechischen Bauten lassen die ähnlichen architektonischen Grundformen die Annahme zu, dass in Lăpuş versucht wurde, ein südliches Konzept monumentaler Bauweise in nördliche lokale Anforderungen und Gegebenheiten anzupassen.
Das Projekt wird seit 2008 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Beteiligt sind neben Forschern der LMU auch etliche kooperierende Naturwissenschaftler zahlreicher nationaler und internationaler Institutionen sowie Archäologen aus Rumänien und Polen.