»Eine der bedeutendsten mittelsteinzeitlichen Grabungen des Münsterlandes«
Die Fundstelle liegt etwa 350 Meter östlich der Dinkel über der Flussniederung und bot eine vorteilhafte Siedlungslage für die Menschen vor rund 9.000 Jahren: In der Nähe befand sich ein Fließgewässer, der Ort war dank der leicht erhöhten Lage hochwassergeschützt, verschiedene Biotope wie Wälder und Wiesen sicherten Nahrung.
"Für eine Besiedlung des Areals in der Mittelsteinzeit haben wir eindeutige Belege, es wurden mehr als 8.000 Feuerstein-Artefakte geborgen," umreißt Archäologe Gerard Aalbersberg von der ausführenden Fachfirma den Fundumfang dieser Epoche. Damals lebten nach dem Ende der letzten Eiszeit Gruppen von Menschen in der wieder bewaldeten Landschaft. Sie ernährten sich von der Jagd, dem Fischfang und dem Sammeln von Früchten und Nüssen.
Diese Lebensweise erforderte laut der Fachleute eine relativ häufige Verlegung der Lagerplätze, um die Nahrungsversorgung sicherzustellen. Für die Zeit typische Pfeilspitzen aus Feuerstein lassen darauf schließen, dass diese Jäger und Sammler nicht isoliert lebten, sondern Kontakte zu weiter westlich lebenden Gruppen in den Niederlanden und Belgien hatten.
Dr. Sandra Peternek und Dr. Bernhard Stapel vom LWL ordnen die umfangreichen Ergebnisse ein: "Sicher handelt es sich um eine der bedeutendsten mittelsteinzeitlichen Grabungen des Münsterlandes."
Aalbersberg erläutert die Befunde: "Unterhalb der mittelalterlichen Bodenauflage befand sich eine Senke. Auf dem Grund der Senke konnten aus einer noch im original erhaltenen Bodenschicht Funde der Mittelsteinzeit geborgen werden. Die Befundüberlieferung ist äußerst selten." Naturwissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eine Datierung auf 8.000 bis 7.000 v. Chr.
Aus den darauffolgenden Zeitstufen der Jungsteinzeit und der Bronzezeit gibt es ebenfalls einzelne Funde, die menschliche Aktivitäten am Ort belegen. Viele Siedlungsbefunde aus der Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit verteilen sich über die gesamte Grabungsfläche, darunter befinden sich auch einige Gräber.
Das älteste Grab am Ort stammt aus der ausgehenden Jungsteinzeit oder der frühen Bronzezeit (etwa 2.600 bis 1.600 v. Chr.). Dem Körpergrab wurde ein charakteristisches Keramikgefäß, von dem nur noch Reste gefunden wurden, und eine große Feuersteinklinge beigegeben.
Die übrigen Gräber am Ort sind nach bisherigen Erkenntnissen jünger, insgesamt fand das Team 14 Brandgräber. In ihnen wurden die Überreste von Menschen niedergelegt, die nach ihrem Tod verbrannt wurden. Zusätzlich entdeckt wurden drei kreisförmige Grabeinhegungen, die einstmals Gräber umgaben und in deren Innenbereich Grabhügel aufgeschüttet waren. Diese Hügel scheinen später eingeebnet worden zu sein und stammen nach jetzigen Einschätzungen aus der Eisenzeit (ca. 800-25 v. Chr.).
Unter den vielen Siedlungsbefunden sind auch Spuren zahlreicher Pfosten, die teilweise Gebäudegrundrisse erkennen lassen, Vorratsgruben, Feuerstellen und Kohlemeiler. Auch gibt es Hinweise auf Verhüttung und Weiterverarbeitung von Eisen am Ort, sowie Funde, die die Herstellung von Textilien belegen. Sie reichen bis hinein in die römische Kaiserzeit (1. Jahrhundert v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.).
"Bei diesen Siedlungsbefunden handelt es sich sehr wahrscheinlich um die Reste von einem oder mehreren sogenannten Wandergehöften - Bauernhöfe, die von Zeit zu Zeit etwas verlegt wurden, da sie aufgrund der Holzbauweise eine kurze Lebensdauer hatten", erklärt Archäologe und Grabungsleiter Stephan Deiters. Er hat mit seiner Fachfirma die Ausgrabungen im Auftrag der Stadt durchgeführt.
In den folgenden Jahrhunderten muss das Gebiet wieder vorübergehend bewaldet gewesen sein, bevor die Menschen im Mittelalter zurückkehrten. Sie nutzen die Fläche als Acker, der vermutlich zum Hof Markenfort gehörte. Dieser Hof wurde erstmals im Jahr 1188 urkundlich erwähnt (als "domus Marckincvort"), so Deiters. Sein Kollege Aalbersberg ist sicher, dass hier ab dem 12. oder 13. Jahrhundert die Düngung mit sogenanntem Plaggenesch praktiziert wurde: "Diese Düngung führte nach und nach zu einem deutlichen Anwachsen des Oberbodens. In diesem Zusammenhang ist ein Befund von besonderem Interesse, denn dort wurden auf einer Länge von 13 Metern Karrenspuren dokumentiert." Diese waren etwa 1,15 Meter breit, was laut den Archäologinnen und Archäologen auf die Nutzung eines relativ kleinen, einachsigen Karrens hindeutet.
Deiters ordnet diesen Befund so ein: "Diese Karrenspuren sind eindeutig älter als die Eschauflage und hängen möglicherweise mit der Urbarmachung des Areals zusammen, als sicher nicht nur Bäume gerodet, sondern auch einige Geländeunebenheiten ausgeglichen wurden, wofür einiges an Boden bewegt werden musste." Die Expertinnen und Experten werden nun alle Ergebnisse weiter auswerten.