Eine am 24. Mai 2017 unterzeichnete Sondervereinbarung zwischen der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt bildete im vergangenen Jahr den Auftakt für eines der größten Digitalisierungsprojekte Sachsen-Anhalts. Bis Ende Dezember 2018 wird das Projekt mit dem Titel »Digital Heritage 2017/2018« abgeschlossen sein. Es kann auf eine beeindruckende Bilanz zurückblicken: Innerhalb von nur 19 Monaten wurden alle Projektziele erreicht, in Teilen sogar deutlich übertroffen. Mit Hilfe der Unterstützung der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur, die Finanzmittel in Höhe von ca. 1,6 Mio. Euro zur Verfügung stellte, konnten in der Projektlaufzeit durch 17 Mitarbeiter in drei Teams 185.862 Karteikarten des Hauptkataloges für archäologische Funde, über 10.000 Fundmünzen und ca. 423.000 Fotografien digitalisiert werden.
Die maßgebliche Unterstützung der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt machte den Weg frei für eines der größten Digitalisierungsprojekte, das bislang auf Verwaltungsebene im Land stattgefunden hat. Seit Frühjahr 2017 hatte das Landesamt auf Grundlage einer Sondervereinbarung unter dem Titel »Digital Heritage 2017/2018« erstmals die Möglichkeit, zentrale Bestände aus seinen Archiven und Sammlungen systematisch und in zeitgemäßer Form digital zu sichern, für die hausinterne Nutzung strukturiert zu erschließen und die Grundlagen für eine externe Nutzung durch Wissenschaft und Öffentlichkeit zu legen.
Für Staats- und Kulturminister Rainer Robra ist das Projekt ein Meilenstein. »Die digitale Erschließung von Archiven und Beständen hilft nicht nur, einmalige Zeugnisse vor dem Verfall zu schützen, sondern macht unser kulturelles Erbe auch zukunftsfähig. Mit dem Programm »Digital Heritage 2017/2018« ist es gelungen nützliche Grundlagen für den gesamten musealen Bereich in Sachsen-Anhalt zu schaffen und einen digitalen Zugang zu unserem kulturellen Erbe zu ermöglichen.«
Angesichts der im Haus vorhandenen ungeheuren Fülle von Archiv- und Sammlungsgut – geschätzt dürfte es sich um ca. 35 Mio. analoge Bild-, Plan- und Schriftdokumente und ca. 16 Mio. archäologische Fundkomplexe handeln – konnte im Rahmen des Projektes lediglich ein Auftakt realisiert werden. Bei der Auswahl der zu digitalisierenden Objekte waren zunächst Fragen der Substanzerhaltung und Sicherung von entscheidender Bedeutung. Es sollte jedoch auch nach innovativen Möglichkeiten zur zukünftigen Vereinfachung von Arbeitsabläufen in den Sammlungen gesucht werden. Dafür mussten technische, logistische und infrastrukturelle Grundlagen geschaffen werden, die auch über den Projektzeitraum hinaus für das LDA nachhaltig wirken und sowohl zur Erschließung weiterer analoger Quellen als auch bei der strukturierten Ablage und Sicherung der stetig weiter anwachsenden digitalen Quellen zur Verfügung stehen werden.
Der Digitalisierung des sogenannten Hauptkataloges, eines aus 185.862 Karteikarten bestehenden Erfassungssystems, das gleichsam das zentrale Gedächtnis zum archäologischen Fundgut des Landes darstellt, kam besondere Bedeutung zu. Durch dessen Digitalisierung und strukturierte Erschließung konnte nicht nur erstmalig eine Sicherung dieser unverzichtbaren Informationsquelle erreicht werden, vielmehr kann diese nun auch ortsunabhängig und damit unmittelbar für wissenschaftliche und administrative Zwecke genutzt werden.
Für Archäologie wie für Bau- und Kunstdenkmalpflege gehörte die Fotografie seit ihren Anfängen zu den gängigen Dokumentationstechniken. Insofern überrascht es nicht, dass im Laufe der Jahrzehnte ein fast nicht mehr überschaubarer und zumindest in Teilen äußerst wertvoller Bestand an Fotodokumenten auf allen denkbaren Trägermaterialien zusammengekommen ist. Aus diesem Bestand wurden diejenigen zur digitalen Sicherung ausgewählt, die durch mechanische und physikalisch/chemische Beanspruchung bereits geschädigt bzw. in besonderem Maße gefährdet sind. Insgesamt wurden im Projekt über 423.000 wertvolle historische Glasplattenaufnahmen, frühe Planfilme, Farbdiapositive und andere häufig genutzte analoge Bilder digital gesichert und in einer Mediendatenbank recherchefähig erfasst.
Unter den archäologischen Funden gibt es stets eine größere Zahl, die eine klassische Kennzeichnung durch Beschriftung nicht zulässt. Die Gefahr von Vertauschungen und damit verbundenem Informationsverlust ist in diesen Fällen hoch. Am Beispiel der Fundmünzen wurde nach Lösungsansätzen zur Minimierung dieses Risikos gesucht. In Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) Magdeburg wurde erstmals ein Verfahren entwickelt, mit dem solche Sammlungsbestände effizient digital erfasst und Einzelstücke somit anhand eines individuellen »digitalen Fingerabdrucks« eindeutig und unverwechselbar beschrieben werden können. Dieses neue Verfahren ist nicht nur für die Identifizierung und Organisation innerhalb der Sammlung von Interesse, sondern besonders auch im Leihverkehr mit anderen Museen und Institutionen. Neben dem digitalen Fingerabdruck der Münzen, bei dem zugleich als Nebenprodukt ein standardisiertes Foto von Vorder- und Rückseite jeder Münze erstellt wird, wurde im Projekt eine Kooperationsvereinbarung mit der bundesland- und institutionsübergreifenden Initiative KENOM (Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen) abgeschlossen. Im Projektzeitraum wurden über 10.000 Münzen digital erfasst. Aus diesem Bestand wurden 6.000 Münzen bisher numismatisch bestimmt. Die ersten Resultate sind über das Internetportal von KENOM bereits für die breite Öffentlichkeit zugänglich.
Mit dem Projektende zum Jahreswechsel 2018/2019 wird ein weiterer Meilenstein in der Modernisierung der Archiv- und Sammlungslandschaft des LDA erreicht. Trotz der beeindruckenden Erfolge steht damit die zeitgemäße Sicherung und Erschließung der Archiv- und Sammlungsbestände, die im Laufe der letzten ca. 150 Jahre gewachsen sind und zwei Weltkriege sowie zwei Diktaturen ohne Verluste überstanden haben, erst am Anfang. Weitere Mittel und Kapazitäten sind notwendig, um die Handlungsfähigkeit dieses für das Haus zentralen Bereichs auch für die Zukunft sicherzustellen. Das Projekt »Digital Heritage 2017/2018« hat hierfür die Grundlagen geschaffen.
Eine Auswahl der bisher digitalisierten Bestände ist unter der Adresse digital-heritage.landesmuseum-vorgeschichte.de online abrufbar.