Es mangelte bisher schon nicht an interessanten Ergebnissen aus den Ausgrabungen in der St. Remigiuskirche. Die Erkenntnis, dass der Vorgängerbau vor dem 8. Jahrhundert errichtet wurde, macht die heutige Kirche zu einer er frühesten merowingerzeitlichen Kirchengründungen am Mittelrhein. Und auch die beiden Sarkophag-Gräber aus dem 11. Jahrhundert, die 2012 freigelegt wurden, zählen nicht gerade zum »Alltagsgeschäft« eines Archäologen. Doch mit der diesjährigen Fortsetzung der Arbeiten wurde zur Gewissheit, was die Archäologen bereits letztes Jahr in Erwägung zogen, aber kaum zu hoffen wagten:
Bei einer zunächst rätselhaften kreisrunden Baustruktur, die bei der Untersuchung der zwei Sarkophag-Gräber beobachtet wurde, handelt es sich um ein Taufbecken. Das ältere Mauerwerk ist beim Eintiefen der beiden Gräber etwa zur Hälfte zerstört worden. Seine tiefe Lage und die mittlerweile geborgenen Funde belegen, dass das Taufbecken aus dem 6. oder 7. Jahrhundert stammt. Damit ist der Befund das bislang älteste entdeckte Bauzeugnis in der St. Remigiuskirche, hat aber durchaus überregionale Bedeutung. Mit dem Taufbecken gelang der seltene bauliche Nachweis eines frühchristlichen Tauforts am Rhein, der in vergleichbarer Form nur noch in Boppard und in Köln belegt ist.
Bei dem Taufbecken handelt es sich um eine sogenannte Piscina. Das kreisrunde Becken mit einem Innendurchmesser von annähernd 1,3 Meter war fast 40 Zentimeter in den Boden eingetieft. Dem frühmittelalterlichen Taufritual entsprechend bestieg der entkleidete Täufling das mit geweihtem Wasser gefüllte Becken und wurde vom Taufzelebranten mit Weihwasser übergossen. In den zeitgenössischen Quellen wird diese aus dem spätantiken Ritus hervorgegangene Liturgie als Infusio bezeichnet. Die Liturgie erforderte verschiedene Räume neben dem Taufort, die der Unterweisung, Vorbereitung sowie dem Ent- und Bekleiden dienten. Wo diese Funktionen verortet waren, wird möglicherweise bei den laufenden Ausgrabungen geklärt werden können. Momentan wird zwischen allen Beteiligten erörtert, ob der Fund dauerhaft präsentiert werden könnte.
Die Kirchengemeinde und das Bistum Mainz haben es zudem ermöglicht, dass die Ausgrabungen an der St. Remigiuskirche für dieses Jahr noch um eine weitere Kampagne verlängert werden können. Seit Mitte Juni sind die Archäologen dabei, zwei neue bisher unerforschten Bereiche zu untersuchen. Besonders interessant ist hierbei die Grabungsfläche im Kircheninnenraum. Durch notwendige Baumaßnahmen im Kirchenschiff ergab sich für die Wissenschaftler die Möglichkeit, einen Grabungsschnitt im Innern der Kirche anzulegen. Die zweite Grabungsfläche befindet sich außerhalb der Kirche vor dem Südportal.