In den untersten Bodenschichten der Baustelle, wo ein Geschäftshaus entstehen soll, sind die Archäologen auf die Spuren der ersten Siedler im späteren Paderborner Stadtgebiet gestoßen. "Wir konnten die Überreste einer über 2000 Jahre alten Siedlung dokumentieren und sichern", beschreibt Dr. Sven Spiong, Stadtarchäologe beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die überraschenden archäologischen Einblicke. "Die Bauern dieser Siedlung nutzten einst die fruchtbaren Böden am Hang zur Paderquelle, um hier Getreide und andere Feldfrüchte anzubauen."
Mehrere Jahrhunderte lang blieben die Menschen dieser Stelle anschließend fern. Spätestens um 1000 n. Chr. kehrten jedoch die Siedler zurück. Denn inzwischen hatte sich seit der Zeit Karls des Großen westlich der ehemaligen Domburg eine Marktsiedlung gebildet. Solche Marktsiedlungen entwickelten sich seit der Zeit um 800 in den norddeutschen Bischofsstädten. Die ehemalige Marktkirche St. Pankratius auf dem heutigen Marienplatz war bis zu ihrem Abriss 1784 noch der Mittelpunkt dieser Siedlung, die in der Mitte des 12. Jahrhundert in das neue Stadtgebiet einbezogen wurde.
Die Spuren dieser frühesten Stadtbildungsphase beeindrucken auch die Fachleute. So ist Grabungsleiterin Eva Manz besonders fasziniert von den bis zu einen Meter mächtigen mittelalterlichen Fundamenten eines Steingebäudes aus der Frühzeit der Stadt im späten 12. und 13. Jahrhundert. "Zu dieser Zeit gab es bereits die Stadtmauer und das Stadtgebiet war in Grundstücke eingeteilt, deren Grenzen zum Teil bis heute überdauert haben", erklärt sie die Fundsituation. "Mit den mächtigen Mauern und dem imposanten Bauwerk haben die Eigentümer dieses Hauses gezeigt, dass sie ihr Gewerbe im Marktviertel verstanden und erfolgreich wirtschafteten", so die Archäologin weiter.
Das Grundstück, das vom Grabungsteam um Eva Manz jetzt untersucht wird, war schon damals über eine kleine Seitengasse südlich der Westernstraße zu erreichen. Zunächst stand hier ein unterkellertes Fachwerkhaus, das noch im 12. Jahrhundert einem prächtigeren Neubau weichen musste. Neben diesem Haus errichteten die Eigentümer im 13. Jahrhundert mindestens zwei teilweise unterkellerte Nebengebäude als Ställe oder Schuppen. Außerdem legten die Archäologen Fundamente von mindestens drei Öfen frei, die für gewerbliche Zwecke genutzt wurden. Ein Brunnen sorgte dafür, dass die Bewohner damals mit dem täglich benötigten frischen Trinkwasser versorgt waren.
Bis zum 4. August untersucht das neunköpfige Grabungsteam noch das 400 Quadratmeter große Areal. Es wird dabei vom künftigen Nutzer, der Firma Vockeroth GmbH, finanziell unterstützt. Nach Abschluss der archäologischen Untersuchungen entsteht schließlich das Geschäftshaus, das sich damit in eine jahrhundertealte Bau- und Geschäftstradition an dieser Stelle einreiht.
Öffentliche Führung
Wer sich über die ersten Grabungsergebnisse aus erster Hand informieren und die Stadtgeschichte selbst in Augenschein nehmen will, kann das am 1. August tun. Dann lädt die Stadtarchäologie Paderborn um 18 Uhr zu einer kostenlosen öffentlichen Führung über die Ausgrabung ein. Treffpunkt ist die Seitengasse zwischen der Westernstraße 7 und 13.