Ohne Pause brennt seit fünf Tagen und vier Nächten das Feuer. Mehrere Tage muss der eisenzeitliche Verhüttungsofen aus Flechtwerk und Lehm vorheizen, um die nötige Temperatur von 1.200 °C zu erreichen. Das Forscherteam wechselt sich daher in mehreren Schichten mit dem Befeuern des sogenannten Rennofens ab. Insgesamt 300 Kilogramm Erz sollen darin zu Eisen verarbeitet werden.
Mit diesem archäologischen Experiment versucht eine Kooperation aus LWL-Archäologie für Westfalen, Deutschem Bergbau-Museum Bochum, LWL-Freilichtmuseum, Ruhr-Universität Bochum und Römisch Germanischem Zentralmuseum Mainz die Technik der Eisengewinnung besser zu verstehen. Denn trotz umfangreicher archäologischer Ausgrabungen solcher Rennöfen und naturwissenschaftlicher Analysen an den prähistorischen Produktionsabfällen sind viele Aspekte nach wie vor offen.
"Die Fragen, die uns beschäftigen, lauten etwa: Wie lange dauerte eine Verhüttung? Wie viele Menschen waren zum Betrieb notwendig? Wie groß war der Bedarf an Brennstoff?", erläutert LWL-Projektleiter Dr. Manuel Zeiler. Um diese Fragen zu beantworten, dokumentieren die Wissenschaftler jeden ihrer Arbeitsschritte genau. Für die Produktion von Eisen sind ausreichend hohe Temperaturen und eine sauerstoffarme Atmosphäre notwendig. An verschiedenen Stellen des Ofens sind Messgeräte befestigt, die permanent Temperatur und Sauerstoffgehalt bestimmen - der Ofen wirkt regelrecht verkabelt. So erkennen die Forscher sofort, wenn der Ofen zu kalt wird oder zu viel Luft hineingelangt.
Ein erstes Zwischenergebnis liegt vor: die Archäologen haben den Ofen ein erstes Mal heruntergefahren und geöffnet. Am Boden des Ofens hatte das geschmolzene Erz einen großen Klotz aus Schlacke gebildet. "Die Situation entspricht genau der, die wir bei Ausgrabungen vorfinden", freut sich Zeiler. "Das bedeutet, dass wir genauso gearbeitet haben wie die Kelten vor über 2.000 Jahren." Der heiße Schlackeklotz wurde herausgenommen, sodass der Betrieb anschließend weitergehen konnte. Das Experiment hat damit jetzt schon bewiesen, dass in der Eisenzeit mehrere Durchläufe hintereinander möglich waren.
Die LWL-Experten erfahren am eigenen Leib, wie aufwändig die Eisengewinnung zur Zeit der Kelten war. Neben dem Nachfüllen von Holz und Erz in den Ofen sind zugleich zahlreiche andere Arbeiten notwendig. Kubikmeter von Holz müssen zu kleinen Scheiten zerhackt werden. Auch das Erz müssen die Forscher mit Hämmern soweit zerkleinern, dass die Stücke nicht größer als eine Walnuss sind. "Es sind viele technische Details, die über den Erfolg dieses Projekts entscheiden", so Zeiler. "Wir sind daher dankbar, Kooperationspartner an der Seite zu haben, die bereits Erfahrung mit ähnlichen Öfen haben."
Im vergangenen Jahr führte die Forschungsgemeinschaft eine erste Versuchsreihe an ihrem Nachbau des keltischen Rennofens durch. Die Siegerländer Rennöfen zählten vor über 2.000 Jahren europaweit zu den größten ihrer Epoche. Die Wissenschaftler konnten unter anderem nachweisen, dass in den Siegerländer Öfen anders als angenommen Holz anstelle von Kohle verfeuert wurde. Ein weiteres Ergebnis: der Einsatz von Blasebälgen hatte keinen positiven Effekt auf den Verhüttungsprozess, sondern führte nur zu einem erheblichen Brennstoffverbrauch.
An das Experiment schloss sich eine umfangreiche Auswertung der Daten an: Nicht nur der gewonnene Stahl und die Schlacke wurden analysiert, auch die Messung von Temperaturen und Abgasen in verschiedenen Bereichen des Ofens mussten ausgewertet werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse findet nun die letzte Versuchsreihe statt.